1995 schrieben die Journalisten Joy Press und Simon Reynolds ein Standardwerk über ein heikles und vernachlässigtes Thema – Misogynie im Rock. Parallel beleuchten sie über den schwierigen Weg, den Frauen im männerdominierten Musikbetrieb bisher zurücklegten. Jetzt ist die aktualisierte Fassung auf deutsch erschienen.
Es gehört schon eine gehörige Portion Verdrängung dazu, was uns als Hörer von Rockmusik quasi zu stillen Mitwissern macht. Das unreflektierte Konsumieren von Musik vieler Künstler, die zumindest in Teilen – und hier beispielsweise genannt: Iggy Pop, Nick Cave, Led Zeppelin, Jim Morrison, Rolling Stones?… – einer kruden „Männer-Ideologie“ in Image und Lyrics nachhingen und deren stringente Fortführung im Genre Hip Hop seine Fortführung fand.
Press/Reynolds holen in ihrem 472-seitigen Werk sehr weit aus – von Norman Mailers Essayband „The White Negro“, über den Klassiker der Beat-Literatur „On the Road“ von Jack Kerouac bis hin zu den teils faschistoiden Musikmanagement-Ideen eines Malcolm McLaren, der den Mord des Sex Pistols-Bassisten Sid Vicious an seiner Freundin Nancy Spungen ausschlachtete.
Letztlich mündet alles in einer Ideologie: Die Angst vor dem Verlust der Unabhängigkeit des Mannes wird im Nachkriegsamerika mit dem abfälligen Begriff „Momism“ erstmals formuliert. Auffallend viele Künstler flüchteten in vermeintliche Unabhängigkeit („on the road“), der Band als reinem „Jungs“-Ding oder lieferten sich direkt der aufputschenden Freiheit der Drogen aus. Der Frau wurde letztlich einzig der Status als Muse und sexuellem Groupie zugestanden. Die hier im Buch an vielen Stellen dokumentierte Verachtung von Frauen (Mutter, Geliebte, Hure oder Hexe) – bis hin zu ihrem Tod als Erlösung (für den Mann) – machen „Sex Revolts“ zu einem aufklärerischen wie schockierenden Lese-Erlebnis. \ rm
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