„Eins ist sicher, es geht vorbei.“ Ein Gedanke, der André Collet auf den letzten Kilometern seines 100 Kilometer-Weltmeisterschaftslaufs 2010 auf Gibraltar geholfen hat, weiterzumachen, nicht einfach ins Gehen zu fallen, sich nicht einfach an der nächsten Verpflegungsstation ein Getränk zu nehmen und stehen zu bleiben. Das Lauftraining ist die grundlegende Basis, um eine solche körperliche Tortur auf sich nehmen zu können – in der Wettkampfvorbereitung läuft André 15 Stunden – 120 Kilometer in der Woche. „Dass ich das alles ohne größere Blessuren schaffe, verdanke ich meiner Physiotherapeutin Esther Pütz.“ Am Wettkampftag spielt dann aber nicht nur die phsische, sondern vor allem die psychische Stärke eine unglaublich wichtige Rolle. „Am Tag selber, da ist alles Kopfsache. Da musst du an dich glauben, das ist der Schlüssel zum Erfolg.“
In Gibraltar bestand die Strecke aus 20 Runden à fünf Kilometern. Ein Baumstumpf am Straßenrand, eine kleine Unebenheit auf der Strecke, ein Verkehrsschild – spätestens nach fünf Runden ist alles im Kopf. „Ich mag gerne diese Rundkurse, dann sehe ich meine Begleitpersonen öfter und kann die Hälfte einer Runde von der Begegnung zehren.“ Beate, Andrés Freundin, ist bei großen Events immer mit dabei. „Sie ist mein größter Fan. Sonst würde das alles so nicht funktionieren.“ Beate kocht am Vorabend Reis mit Hühnchen, reicht während des Rennens Electrolyte und feuert an. Bis zur letzten Runde.
„Zu Beginn eines Laufs sage ich mir, hey, du bist leicht, du kannst fliegen, du bist eine Gazelle.“ Aber nach 80 Kilometern, nach mehr als fünf Stunden Laufen, da geht es dann einfach darum, einen Fuß ordentlich vor den anderen zu setzen und den Schmerz wegzudenken. André stellt sich dann zum Beispiel den Zieleinlauf im Detail vor: jubelnde Zuschauer, Journalisten, Fotografen. Egal, wie schmerzhaft ein Lauf ist, schon Stunden nach dem Ziel ist André sich sicher, das war nicht der letzte. Rennen ist Passion, Rennen macht süchtig.
Zu Berufsschulzeiten hat André Collet mit dem Laufen begonnen. Und der Sport hat ihn so ausgefüllt, dass seine schulischen Leistungen besser wurden, in allen Fächern. „Zuerst bin ich mit Skateboardtretern in der Gegend rumgerannt, immer ein Stückchen weiter, immer ein bisschen schneller.“ Im Jahr 2000 hat sich André für den ersten Marathon angemeldet, 2008 hat er dann gemerkt, es kann noch mehr geben als die klassische Distanz. Ultramarathon nennt man alles, was weiter als 42,195 Kilometer ist. Inzwischen hat sich André in die Weltelite der Ultra-Läufer hochgerannt. Im September steht der nächste „Hunderter“ an: die Weltmeisterschaften in den Niederlanden. Der Weg dahin ist hart. „Kilometer sammeln“ heißt die Devise. Da stehen sonntags 50 Kilometer auf dem Programm, gepaart mit schnellen Einheiten auf der Bahn und „erholsamen“ Waldläufen über 25, 30 Kilometer. „Nein, das macht nicht immer Spaß. Aber ich habe ein Ziel vor Augen, und das spornt mich immer wieder an.“
bt
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