Von Richard Mariaux
Seit letztem Jahr ist der Aachener Kulturbetriebsleiter Olaf Müller unter die Krimiautoren gegangen. Mit „Allerseelenschlacht“ veröffentlicht er jetzt seinen zweiten Regionalkrimi, den er in einer Lesung am 26. Juni in der Buchhandlung Schmetz vorstellt.
Ein Dutzend Lesungen hat Müller mit seinem Debüt „Rurschatten“ absolviert. Die Aachener Kommissare Fett und Schmelzer lösten einen Fall um einen Mord auf der Dürener Annakirmes und weiteren Verwicklungen um die Kernforschungsanlage Jülich und dem belgischen Geheimdienst. Seine Erlebnisse mit den Leserinnen und Lesern vor Ort will der gebürtige Dürener nicht missen: „Besonders war die Begegnung mit alten Schulkameraden, Nachbarn, mit der ehemaligen Chefin von der Dürener Buchhandlung Krüger und das Interesse meines alten Direktors vom Wirteltor-Gymnasium“.
Olaf Müllers neuer Roman „Allerseelenschlacht“ nimmt sich ein düsteres Kapitel des Zweiten Weltkriegs vor. Die „Allerseelenschlacht“ ist als eine der brutalsten und verlustreichsten Entscheidungsschlachten um Allerseelen 1944 in die Geschichte eingegangen. Alleine die US-Amerikaner beklagten innerhalb von fünf Monaten 12.000 Tote in einem 150 Quadratkilometer großen Waldgebiet in der Eifel. „Die reale Allerseelenschlacht und die Ardennenoffensive waren fürchterlich. Vielleicht möchte ich daran erinnern. Das werden die Leser entscheiden. In Henri-Chapelle und Margraten liegen fast 20.000 amerikanische Soldaten. Viele von ihnen sind in der Allerseelenschlacht und bei der Ardennenoffensive ums Leben gekommen. Dies spielt eine Rolle. Die amerikanische Hauptfigur im Krimi hat dort gekämpft und traumatische Erinnerungen. Hinzukommt das Motiv der Raubkunst. Ein düsteres Kapitel der NS-Zeit“, umschreibt Müller seine Wahl für das Sujet des aktuellen Romans.
Henri-Chapelle, amerikanischer Militärfriedhof in Belgien, in der Nähe von Aachen. Mai 2012: US-Veteran Ray Bell, 85, reist an, um seine Kameraden Eric und Gerald beim Memorial Day zu ehren. Sie kämpften Ende des Zweiten Weltkriegs in der Allerseelenschlacht im Hürtgenwald und bei der Ardennenoffensive. Beide Kameraden wurden von drei SS-Soldaten grausam getötet. Paul Verhoven, einer der SS-Männer, treibt kurz vor dem Memorial Day tot im Stausee von Obermaubach. Der Aachener Kommissar Fett übernimmt mit seinem Kollegen Schmelzer den Fall. Rache und Nazi-Raubkunst könnten Motive sein. Verhoven arbeitete im Leopold-Hoesch-Museum in Düren. Dort gab es mysteriöse Verluste hochwertiger Kunstwerke. Weitere Spuren führen nach Maastricht und Reims.
Was treibt den Kulturbetriebsleiter Müller dazu Kriminalromane zu schreiben? Seine Buchhändlerlehre und folgend ein Studium der Germanistik und Komparatistik mögen zielfördernd gewesen, aber nicht jeden Germanist oder Buchhändler treibt das Verlangen, sich auch als Autor zu versuchen. Olaf Müller: „Erstens. Die alte Olympia-Schreibmaschine meiner Eltern war jahrzehntelang eine Aufforderung: Schreib eine Geschichte! Vielleicht musste ich trotzdem fast 60 Jahre alt werden, um mich zu trauen „Rurschatten“ zu schreiben. Vergangenheit ploppte hoch, Erfahrungen verdichteten sich. Zweitens die Lust, spannend zu schreiben und die Region in den Fokus zu stellen. Als Buchhändler las ich gerne Chandler, Hammett und Simenon. Aber die sind eine Klasse für sich.“
Apropos Region. Wie erklärt sich der Autor den nicht abschwächenden Boom der Regionalkrimis – egal ob aus dem Allgäu, Spreewal oder eben der Eifel? Müller ist sich nicht ganz sicher: „Schwer zu sagen. Wiedererkennbarkeit, Interesse an der Region – wie beim „Tatort“, der in der eigenen Stadt spielt. Je globalisierter die Welt wird, umso mehr steigt das Interesse an der Herkunft, der Geschichte des Dorfes, der Stadt, der Region. Da besteht, so glaube ich, ein Zusammenhang.“
Die geschichtlichen Zusammenhänge sind ihm bei der Themenwahl immens wichtig. Hier federt sich die regionale Komponente mit historischen Fakten ab, die Müllers Krimis immer auch zu einer unterhaltsamen Geschichtstunde werden lassen. Zur Recherche führen ihn letztlich immer auch persönliche Eindrücke: „Da sind meine Erfahrungen und Erinnerungen aus der Jugend- und Studentenzeit, die wundervolle Zeit als Segelflieger in Bergstein bei Nideggen. Lektüre, Archivbesuche, Gespräche, Filme – so kommen die Informationen zusammen. Die Teilnahme am Memorial Day vergisst man genauso wenig wie den Gang über die Soldatenfriedhöfe in Vossenack oder Mariawald.“
Und welches geschichtsträchtige Ereignis würde er gerne für seinen dritten Fall heranziehen wollen? „Der nächste Fall ist ein Politkrimi: „Die Macht am Rhein“. Skandale in den ABCD-Städten: Aachen, Bonn, Colonia, Düsseldorf. Erscheint im September. Und jetzt ist mal Pause. Lesen steht im Vordergrund für die freie Zeit.“ \
26.6.
Premierenlesung: „Allerseelenschlacht“
20 Uhr, Buchhandlung Schmetz
Am Rande
Kam dem Krimiautoren oder dem Kulturbetriebsleiter die Idee? Olaf Müller holte im April die „Criminale“ nach Aachen.
Olaf Müller:
„Allerseelenschlacht“
Gmeiner Verlag, Köln
288 Seiten, 12 Euro
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