Jenseits der Liebe
Stück von A.R. Gurney
Andy (Stéfan Horn) und Melissa (Beate Lohse) sind sieben Jahre alt und schreiben sich kleine gefaltete Zettelchen, die durch eine Reihe von Mitschülerhänden gehen, bevor sie den Adressaten erreichen. Sie schreiben über den Zauberer von Oz und bedanken sich schriftlich für Geburtstagsgeschenke. „Weitergeben“. Später werden aus den Zettelchen Postkarten. Aus den Postkarten Briefe. Und die beiden Protagonisten langsam älter. Und sie lesen, schreiben und lesen. Mit ihnen wird der Inhalt ihrer Briefe erwachsen. Melissas schnippische Art und Andys naive, vorsichtige Anmache bringen spontane Lacher, machen das Stück zunächst zur Komödie. Auf Schulbälle folgen Eifersuchtsszenen. Melissa schreibt von geheimem Alkoholkonsum im Internat, von ihrem Rauswurf; Andy schreibt von Englisch- und Lateinunterricht, von Unbekannten in der Mathematik; Melissa will lieber über Sex reden. Immer wieder stockt der Briefwechsel, der eine ist beleidigt, zieht sich zurück, der andere insistiert.
Beate Lohse gibt eine, freche, spontane Melissa, die in Teilen etwas übertrieben aufgekratzt gestikuliert. Andy (Stefán Horn) ist der Ruhige, der Brave, der sich nichts zu schulden lassen kommt. Und Melissa vergöttert. Sie schickt eine Karte mit der Aufschrift: „Du hast mich um eine Postkarte gebeten. Hier ist sie.“ Komisch und belustigend ist der Briefwechsel der beiden ungleichen Freunde.
Oft sind ihre Briefe kurz, beinhalten nur einzelne Sätze, eigentlich zu kurz für einen Brief, aber nicht kurz genug, um den Geist des Stückes ganz aufrecht zu erhalten. Die Beziehung ist geprägt von Missverständnissen, Eifersucht und einer tiefen Freundschaft. Sie leidet unter der Schwierigkeit, zwischen Liebe und Freundschaft zu unterscheiden. Ist Liebe nur eine Frage des richtigen Zeitpunktes? Ist Andy zu Beginn verliebt, Melissa eher beschwingt von seiner Anbetung, so wendet sich das Blatt. Während Andy als gesetzter Jurist Frau und Kinder an seiner Seite hat, scheitert Melissas Ehe und aus der anfänglich unbekümmerten jungen Frau mit ihrem lockeren Dasein als Künstlerin in Florenz wird eine Alkoholikerin, die mit ihrem Leben und Andys Ehe nicht zurechtkommt. Beate Lohse entwickelt sich auf der Bühne von der 7-jährigen, frechen Melissa allmählich zu einem Wrack, das an der Gin-Flasche hängt. Andys Lebensweg ist scheinbar geradlinig. Er lädt Melissa zu seiner Hochzeit ein, lässt Weihnachtsgrüße durch seine Sekretärin überbringen. Doch eine viel zu spät startende Affäre mit Melissa wirft auch auf sein Familienglück Schatten. Die unerfüllte Liebe bringt Melissa den Tod. Und die Frage bleibt (natürlich) offen, was Freundschaft ist, und was Liebe. Was als gelungene Komödie begann, endet als mindestens so gelungenes Drama.
Foto: Ludwig Moll
Termine:
20. und 28.3., 20 Uhr, 23.3., 17 Uhr, Theater K
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