Seit eh und je verbringt das Ehepaar Helmut und Sabine Halm ihre Ferientage am Bodensee und lässt die Zeit vertraut dahinplätschern. Doch dieses Jahr macht die unerwartete Begegnung mit Helmuts Jugendfreund und ehemaligem Kommilitonen Klaus Buch samt blutjunger Gemahlin Hel, flott gekürzt für Helene, dem menschenscheuen Helmut einen Strich durch die Urlaubsrechnung. Während der selbstbewusste Klaus hochgemut gemeinsame Jugenderinnerungen aufwühlt, quält sich Helmut durch jeden von Schikane geprägten Dialog. Bis die beiden Männer zu einem gemeinsamen Segeltörn aufbrechen, von dem nur einer von ihnen zurückkehrt.
Bei den beiden Paaren treffen die resigniert-eingespielten Halms auf die rastlosen, aber auch trügerischen Buchs und deren „Sprudelkultur“, bei der kohlensäurehaltiges Wasser verkostet wird wie Wein und man tagtäglich „schreien muss, um nicht lautlos zu vereisen.“ Vor Manfred Schneiders malerischer Bootshauskulisse gibt Regisseurin Catharina Fillers dem Publikum eine starke Besetzung: Marina Matthias souverän als Gattin Sabine, Gerhard Roiß als strahlender Klaus mit latenten Ängsten, Tina Seydel, der die Rolle als Hel besonders in der zweiten Halbzeit Bühnenpräsenz abverlangt, und ohne Zweifel eine ideale Wahl ist Volker Weidlich, der mit philosophisch-nüchternen Blicken einhergeht, die unerwünschten Fremden beäugt und bereits in der ersten Szene alle für sich gewinnt, wenn er auf dem Klappstuhl, die Kühlbox als letzter Halt vor dem Bauch fest umklammert, sympathisch-befangen „die Flaute, die Schwüle, die Weltuntergangsstimmung“ segnet und Ehefrau Sabine allem anderen vorzieht.
Einst beiläufig als Novelle geschrieben, folgte Ende der 70er die Dramatisierung durch Martin Walser und dem deutschen Dramaturg und Intendant Ulrich Khuon. Trotz der 30 Jahren auf dem Bühnenbuckel wirken die Charaktere und deren Dialoge in „Ein fliehendes Pferd“ um keinen Deut altbacken, sondern beweisen bei Themen wie hitzköpfiger Midlife-Crisis schlagfertigen Witz und literarischen Esprit. Die altbekannten ins Frivole abdriftenden Anzüglichkeiten Walsers, die seit jeher unzählige seiner Werke formen, mögen die Zuschauer- und Leserschaft nicht selten spalten, für seinen Stil jedoch bleiben sie unerlässlich. /// Sabine Hausmann
1.-18., 21.-24., 26., 28.-31.5
„Ein fliehendes Pferd“
20 Uhr, Grenzlandtheater
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