Im 16. Jahrhundert findet der Earl of Oxford (Rhys Ifans) seine Befriedigung in der Dichtkunst, einer Muse, die seinem Stand nicht gut zu Gesicht steht. Deswegen lässt er seine Stücke anonym aufführen – bis der Schauspieler William Shakespeare (Rafe Spall) sie sich zu Eigen macht.
Es dürfte kein Zweifel darüber bestehen, dass die Werke eines gewissen William Shakespeare aus dem beschaulichen Stratford-upon-Avon zu den bedeutendsten Stücken der Weltliteratur zählen. Weit weniger Einigkeit besteht indes über die tatsächliche Autorenschaft von Schauspielen wie „Richard III.“, „Romeo und Julia“ oder „Macbeth“. Schon seit mehr als einhundert Jahren gibt es eine ganze Reihe teilweise sogar sehr prominenter Verfechter, die viel eher an ein Autorenkollektiv glauben oder schlichtweg einen anderen als Shakespeare für den geistigen Vater dieser Klassiker halten. Drehbuchautor John Orloff wurde vor über 20 Jahren auf diese Theorie aufmerksam und hat sich seither eingehend mit der Frage beschäftigt. Da auch Blockbuster-Regisseur Roland Emmerich („2012“) schon lange von diesen kontrovers diskutierten Fragen fasziniert war, haben sich die beiden nun zusammengetan und ihre fiktive, aber vielleicht gar nicht mal so unrealistische Version der Vorgänge vor vierhundert Jahren in einen packenden Kostümfilm verwandelt.
Emmerich zielt hier eher auf Liebhaber von Historienfilmen oder Shakespeare-Adaptionen ab und hatte wohl kaum sein übliches Popcornpublikum im Hinterkopf, als er sich mit diesem Film einen Herzenswunsch erfüllte. Vor aufwändig rekonstruierter historischer Kulisse entspinnt er nach und nach ein effektvolles Königsdrama, das inhaltlich durchaus mit den vermeintlichen Shakespeare-Werken mithalten kann. Spätestens jetzt muss man Emmerich zugutehalten, dass er sich auch auf leisere Töne und weniger spektakuläre Stoffe versteht. /// Frank Brenner
„Anonymus“
GB/D 2011 // R: Roland Emmerich
Start: 3.11.
Bewertung der redaktion
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