Man mag es seinen jüngsten Filmen nicht mehr unbedingt ansehen, aber David Cronenberg war einst mit Filmen wie „Videodrome“, „Die Fliege“ und „Crash“ das Enfant Terrible unter den amerikanischen Regisseuren.
Wer hätte früher ernsthaft gedacht, dass die eigenen Eltern jemals einen seiner Filme sehen würden? „Eine dunkle Begierde“ war die bisherige Krönung seines Richtungswechsels, wurde hier doch endgültig fast ausschließlich über Sex und Gewalt referiert, statt beides wie früher ausführlich in Szene zu setzen.
Dennoch blieb Cronenbergs Faszination für diese Themen ungebrochen – dass er sie auf eine intellektuelle Ebene hob, ließ Kritiker rund um den Filmglobus jauchzen. Nun legt der Kanadier, der im nächsten Jahr seinen 70. Geburtstag feiern wird, ein Werk vor, das nahezu komplett im Kopf des Protagonisten stattfindet.
Dennoch bedeutet „Cosmopolis“ für Cronenberg einen Schritt zurück zu den Wurzeln seines Schaffens. Der Film spielt fast vollständig in der Stretchlimo eines neureichen Jungunternehmers. Hier empfängt der 28-jährige Börsenguru Eric Packer die Untergebenen seines Imperiums.
Ein schalldichtes Büro auf Rädern, das ihn vor der Realität der Straßen New Yorks schützt. Doch die hat sich längst Bahn gebrochen, sein Reich beginnt zu bröckeln und Selbstzweifel plagen ihn. Im kühlen Neonlicht der Börsenmonitore gehen Schauspielgrößen wie Juliette Binoche und Mathieu Amalric ein und aus. Jeder von ihnen hat nur eine Szene, dann rollt die Adaption des Romans von Don DeLillo weiter.
Die Figuren bleiben unzugänglich und reden unaufhörlich über den globalen Status Quo, den Kapitalismus und die eigene Existenz, dass es einem als Zuschauer schon mal schwindlig werden kann. Die Befürchtungen, die mit der Wahl des Hauptdarstellers – „Twilight“-Blutsauger und Teenie-Schwarm Robert Pattinson – einhergehen, sind jedoch unberechtigt.
Er ist in jeder Einstellung dieser kritischen Gesellschafts-Bestandsaufnahme präsent und überraschend ausdrucksstark. /// Lars Tunçay
„Cosmopolis“
F/CDN/POR/I 2012 // R: David Cronenberg
Start: 5.7.
Bewertung der redaktion
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