Paula Luy als Susanna liegt zur Begrüßung schon in der Wanne des Stadtbades am Blücherplatz. Jeder Zuschauer muss auf dem Weg zum Platz nah an ihr vorbei. Schaut sie unverhohlen an, wie sie vor sich hin sinniert, den Betrachter kaum wahrnimmt. Darf man das? Jemanden so ohne Scham anstarren, der gerade badet.
Manch einer starrt lieber schnell auf den Boden. Andere können den Blick nicht abwenden. Man könnte es einen harten, aber genialen Einstieg in das Stück nennen, das jetzt folgt. Der Zuschauer nimmt Platz. Vor ihm eine offene Badewanne, dahinter eine Videoprojektion, die von Christoph Küntzel bespielt wird.
Zuerst mit Bildern alter Meister, die die Geschichte der Susanna aus dem Alten Testament auf der Leinwand festgehalten haben. Dieser Geschichte hat sich Mona Creutzer angenommen und „…und im Bade – Susanna“ Paula Luy und dem Stadtbad auf den Leib geschrieben.
Die schöne, glückliche, sinnlich wirkende Susanna wird von zwei Männern belästigt, als sie nackt baden geht. Nach dem Übergriff wird allerdings der jungen Frau die Schuld daran gegeben und ihr wird vorgeworfen, dass sie den Übergriff mit ihrer Schönheit provoziert hat. Begleitet wird das Stück durch die Sängerin Catharina Marquet, die auch als Erzählerin fungiert.
Aber zurück zum Anfang. Wasser plätschert, tropft. Die Projektionsfläche zeigt Bilder einer glücklichen, nackten Johanna in einem wunderschönen Garten. Luy betritt in ein Tuch gehüllt die Bühne, gießt sich Wasser ein, singt, sinniert, ölt sich ein, bewegt sich feengleich und nimmt in der Wanne Platz. Sie räkelt sich und streichelt sich, sagt: „Hier bin ich versunken in meine eigene Herrlichkeit“. Doch die Projektion im Hintergrund ändert sich. Im Hintergrund tauchen zwei Männer auf. Susanna sieht sie nicht. Nicht auf den Gemälden und auch nicht auf der Bühne.
Von links und rechts pirschen sich auf widerliche Weise die zwei Gestalten heran. Barfuß, mit lüsternem Grinsen, gierigen Augen. Sie umkreisen die junge, ahnungslose Frau und flöten dabei: „Du lässt mir keine Wahl.“ „Deine Sirenenklänge müssen mich hierhergelockt haben.“
Jochen Deuticke und Jens-Peter Fiedler spielen ihre Rollen wirklich famos. Außen hui, innen pfui. Erst noch einzelne kleine Voyeure, steigert sich der Mut, angetrieben von der männlichen Verbrüderung, in die Tat. Die Musik wird laut, das Licht flackert, die Videoprojektion zeigt kleine Filme im Comic-Style.
Da man gemeinsam ja bekanntermaßen stärker ist, fallen die beiden Männer einfach gemeinsam über Susanna her. Ein Schrei. Szenenwechsel. Fotoshooting. Eine junge Frau räkelt sich vor der Kamera, streckt lasziv die Zunge raus, spreizt die Beine. Der Fotograf ist entzückt, steigert sich fast in Ekstase.
Sie, eben noch freizügig, will nicht mehr. Er hört nicht auf. Wieder ein Schrei. Szenenwechsel. Susanna, jetzt in Hose und Pulli klagt die Männer an. „Ich klage an wegen Zerstörung der Schönheit.“ Luy ist jetzt nicht mehr leise und sinnlich, sondern wütend und bestimmt. Die Herren interessiert das wenig.
Sie hatten sie gewarnt. Was zählt schon das Wort einer jungen Frau, die halb nackt durch einen Garten lief, gegen das zweier „weiser“ Männer. #MeToo lässt grüßen. Doch diese Susanna hier lässt sich nicht beirren. Wird lauter, bestimmter. Bringt die Männer zum Schwitzen, macht aus ihnen ziemlich kleine Würstchen. Wer ist am Ende der Schuldige?Der Applaus donnert. Das Publikum ist begeistert.
\kw
8., 9., 10., 11., 12., 17., 24, 25.+26.5.
„… und im Bade – Susanna“
20 Uhr (So 18 Uhr), Stadtbad
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