Der steinreiche „Big Daddy“ (Rainer Krause) lädt zu seinem 65. Geburtstag im Kreise der Familie ein. Was er noch nicht weiß und vom Rest seiner Familie verschwiegen wird: Seine Krebserkrankung ist unheilbar. Diese schlimme Nachricht will ihm keiner sagen. Erben hingegen möchte jeder.
So versammelt sich die Familie auf dem Landsitz von Big Daddy und Big Mama, um den wohl letzten Geburtstag des Familienoberhaupts zu feiern. Und um sich in der Erbfolge noch mal weit nach oben zu heucheln.
Das Familientreffen gipfelt in einer Katastrophe, als das mühselig errichtete Kartenhaus aus Lügen und Lobhudelei in sich zusammenbricht. Nach und nach treten die unüberbrückbaren Spannungen zwischen dem kinderlosen Ehepaar Brick und Maggie und dessen Pendant, dem älteren Bruder Gooper, seiner Ehefrau Mae und einer großen Kinderschar zutage, die sich angesichts des baldigen Todes von Big Daddy und des anstehenden Erbes permanent verschärfen.
Dann versucht letztlich auch noch Big Daddy herauszufinden, was mit seinem Sohn Brick nicht stimmt – und erhält Antworten, die er nicht hören wollte.
Das gesamte Stück spielt an einem einzigen Ort, nämlich im elterlichen Haus. Lieblingssohn Brick, gescheiterter Footballstar und Alkoholiker, hat sich seit dem Selbstmord seines Freundes Skipper mehr und mehr von seiner Ehefrau Maggie abgewendet. Sie, die Katze, selbst emotional und erotisch vernachlässigt, steht unter dem Verdacht, ihren Mann mit eben diesem Skipper betrogen zu haben, und kämpft dennoch leidenschaftlich um Bricks Liebe, das Erbe und gegen die verhasste Kinderschar ihrer Schwägerin, die sie als „halslose Ungeheuer“ beschimpft.
„Maggie und Brick leben in einer grausamen Form zusammen“, sagt Regisseur Ludger Engels: „Sie wollen zusammenbleiben, ohne seelischen Kontakt und Körperlichkeit. Schon in der ersten Szene tun sich menschliche Abgründe auf, aber genau das macht das Stück so gut!“
Die einzelnen Charaktere könnten nicht unterschiedlicher sein: Gooper als aalglatter, unsympathischer Anwalt mit seiner gebärfreudigen Mae, der alkoholkranke Bruder, der sich für materielle Besitze seines Vater nicht interessiert und dennoch von ihm bevorzugt wird, mit seiner willenstarken, aber einsamen Frau Maggie. Schließlich sind da noch die Eltern, die aus einem kleinen Familienladen ein florierendes Großunternehmen gemacht haben, über Besitz und Geld allerdings Werte wie Liebe, Verständnis und Gerechtigkeit verloren habe.
So unterschiedlich die Personen auf den ersten Blick erscheinen, sie alle verfolgen ein Ziel. Die eigenen Lügen aufrecht zu erhalten und den fremden Problemen auszuweichen, indem man sie verschweigt und ignoriert. Nun gilt es herauszufinden: Wie und wie lange kann jeder einzelne in der Gruppe der Wahrheit ausweichen.
Eigentlich sollten die seelische Verletzung, die sich die unterschiedlichen Personen zufügen, die existentiellen Momente und einschneidenden Erlebnisse wie der baldige Tod von Big Daddy eine Familie zusammenschweißen. Nicht so in dieser Familie: „Fast jeder der Anwesenden verkennt seine Chancen. Doch je mehr wir proben und je besser man die Personen kennen lernt, desto klarer werden die Beweggründe. Alle Handlungen und Personen sind miteinander verzahnt, alle Abnabelungen erfolglos.“ Ludger Engels will die Schichten im Familiezwist freilegen, die unschönen Themen ansprechen. „Ich versuche, in jede Rolle reinzukriechen. Alle sechs Protagonisten prägen den Abend.“
Obwohl in den 60er Jahren geschrieben, ist Williams Theaterstück heute nicht minder aktuell. Die für die damalige Zeit gern verschwiegenen Themen wie Homosexualität, Alkoholismus und Ehebruch haben nicht an Brisanz verloren.
Manche Themen werden von der Gesellschaft, die sich so oft und gerne liberal zeigt, lieber verschwiegen als laut gesagt.
Für Regisseur Engels und Dramaturg Harald Wolff ist das Stück insofern eine Herausforderung, als dass es sich um ein Echtzeittheater handelt. Laut Wolf sind das „zweieinhalb Stunden Familienzeit, aber auch zweieinhalb Stunden ganz großes Schauspieltheater.“ Mit Streitgesprächen, hitzigen Dialogen und verzweifelten Monologen. /// Kira Wirtz
10.3. (Premiere)
„Die Katze auf dem heißen Blechdach“
19.30 Uhr, Theater Aachen – Bühne
Karten gibt es bei KlenkesTicket.
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