Eine Tat, bei der nicht der Täter, sondern das Motiv das eigentliche Mysterium ist. Psychologe Martin Dysart (Mike Kühne), selbst müde und ausgebrannt, hat sich bereitwillig dem Fall des siebzehnjährigen Alan (Raphael Fachner) angenommen. Mit zerzaustem Haar, eingefallenen Wangen und entrücktem Blick sieht der introvertierte Junge eher wie das Opfer eines Verbrechens aus und nicht wie ein Sadist. Doch der Schein trügt. Der Stallbursche hat in einer Nacht den sechs Pferden seines Arbeitgebers mit einem Hufschaber die Augen durchstochen. Martin Dysart begibt sich auf eine Fährtensuche in Alans familiären Umkreis und taucht gleichzeitig mittels Hypnose in dessen Wahnvorstellungen über einen schwarzen Hengst namens Equus ein, „dem Gott, dem er am liebsten den Schweiß von seinem behaarten Hals lecken würde“.
War die eingeschränkte Räumlichkeit der DAS DA Bühne bei früheren Stücken manchmal eher nachteilig, so fungiert sie hier als echter Brennspiegel für die sich offenbarenden seelischen Abgründe.
Das Bühnenbild zeigt sich äußerst reduziert, einzig vier versetzbare Sättel dienen als Kulisse, wahlweise für die Praxis, das Wohnzimmer oder die Bestallung. Dabei gleitet das Stück immer wieder von der therapeutischen Aufarbeitung in das albtraumhafte Innenleben seiner Figuren. Durch den Einsatz von Projektionen werden die surrealen Albträume der Figuren erfahrbar gemacht. Dabei findet der Einsatz der Technik das richtige Maß, um das Publikum ins Fantastische zu führen, nicht aber der eigenen Fantasie zu berauben.
Aus dem durchweg überzeugenden Schauspielensemble sticht neben Raphael Fachner und Jens Eisenbeiser (in einer Doppelrolle als Alans Vater und Stallbesitzer) vor allem Mike Kühne als misanthropischer Psychologe hervor. Er führt das Publikum mit direkter Ansprache durch das Geschehen, um selbst immer wieder in den aktuellen Fortlauf einzusteigen. Mit ihm teilt man den Drang, eine logische Erklärung für die Gräueltat finden zu wollen. An seiner Figur kann sich das Publikum aufrichten, zumindest bis sich die rationale Distanz des Therapeuten zu seinem Patienten aufzulösen scheint.
Bereits unmittelbar nach seiner Uraufführung am Broadway wurde „Equus“ zu einem Klassiker des modernen Theaters und 1975 mit dem Tony Award prämiert. „Equus“ von Peter Shaffer ist großes und umjubeltes Drama. Die Umsetzung durch das DAS DA Theater hält dieser brillianten Vorlage mühelos stand. Ein wie seine Figuren unzugänglich erscheinendes, düster strahlendes Werk. Als hätte Lars von Trier nach Melancholia Black Beauty verfilmt. /// Thomas Glörfeld
1.-4. und 8.-11. 3.
„Equus“
20 Uhr, Das Da Theater
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