Von Kira Wirtz
Dora ist anders. Sie ist „langsamer“, „etwas ganz Besonderes“, „hat einen Dachschaden“, „lebt eine Haaresbreite über unserer Welt“. Doch Doras Leben scheint in geregelten Bahnen abzulaufen. Zumindest für ihr Umfeld.
Ihre Eltern lieben sie, sie wächst behütet auf, ihr Chef hat Verständnis, ihr Arzt ist einer der Besten. Doch ihre Mutter ist es langsam leid, dass der liebste Satz ihrer Tochter „weiß nicht“ ist, sie nur teilnahmslos durch ihre Welt läuft und seit Jahren keinen eigenen Willen mehr gezeigt hat.
„Ich will meine Tochter zurück!“, fleht sie den Arzt an, der nur wiederwillig bereit ist, die ruhigstellenden Tabletten einzustellen.
Jetzt beginnt Doras Verwandlung. Nach dem Absetzen der jahrelang eingenommenen Medikamente entdeckt sie ihre Lust am Leben und am Sex und verliebt sich. Allerdings überschreitet sie das von der Gesellschaft akzeptierte Maß und stößt mit ihrer Direktheit ihre Umgebung vor den Kopf und die alltäglichen Verklemmtheiten ihrer Mitmenschen treten zu Tage.
Komisch und tragisch zugleich
Nele Swanton verkörpert die Rolle der Dora überaus glaubhaft. Erst teilnahmslos und abwesend, später laut und eigensinnig. Sie ist komisch und tragisch zugleich, wenn sie sich „dem feinen Herrn“ (Benedikt Voellmy) aufdrängt, es mag, wenn er grob zu ihr ist und in der nächsten Minute ein „Kindchen“ mit ihm zeugen möchte, das den schönsten Namen der Welt tragen soll: „Dora“.
Für ihre Familie häufen sich die Probleme: Wann ist es genug? Was darf Dora? Sex haben? Ja. Kinder kriegen? Nein! Ihre Eltern (Elke Borkenstein und Karsten Meyer) überreden Dora schließlich erst zu einer Abtreibung und dann zur Sterilisation.
Ist das etwa der bessere Weg mit Dora umzugehen? Auf diese Frage und viele mehr gibt „Die sexuellen Neurosen unserer Eltern“ keine Antwort. Vielmehr ist es ein schnelles, aufrüttelndes Stück, das eine tragische Situation mit Komik gesellschaftsfähig machen will. Dem Publikum gefiel es. Es gab großen Applaus. \ kw
„Die sexuellen Neurosen unserer Eltern“
1., 9. und 12.7.
20 Uhr, Kammer, Theater Aachen
Tickets gibt’s bei KlenkesTicket im Kapuziner Karree
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