Vier von der Decke baumelnde Mikrofone und viermal Nina Hagen auf der Bühne. Letzteres, das muss so manch einer möglicherweise erst verdauen, benötigt es doch schon bei Auftritten des einzelnen Originals ein wenig Zeit, sich auf die schrille Kunstfigur einzulassen.
Dabei ist es ja ganz klar, dass es nicht nur die eine Nina Hagen gibt: Sie ist Punk, dann Schauspielerin, (Ost-)Berlinerin und, ja, auch UFO-Theoretikerin. Daher also Lara Beckmann, Elke Borkenstein, Nele Swanton und Benedikt Voellmy gleichzeitig, die „Wer bist Du?“-fragend das ausverkaufte Mörgens betreten und sich gegenseitig die Antwort geben: „Nina Hagen.“
Goldstaub und Gitarre
„Ich bin immer da. Ich war immer da. Und ich werde immer da sein!“ Der Vierer auf der Bühne zitiert die zum Hagenschen Lebensmotto avancierten Worte. Mit Goldstaub im Haar heizt man durch die Songs, famos lässig begleitet von Malcolm Kemp und Samuel Reissen an wechselnd Gitarre, Bass, Keyboard und Drums. Dann Beckmann allein, singt in sämtliche Mikros gleichzeitig, die Kollegen trommeln rhythmisch aufs Parkett.
Was der Besucher hier zu sehen und hören bekommt, ist ein musikalischer Abend über Nina Hagen; uraufgeführt und von Antje Prust temporeich inszeniert.
Die Songauswahl ist so bunt wie die Hauptfigur selbst. „Wuff, wuff, wuff – ich bin ein Hund!“, Punk-Brett von 1979, auf der Bühne headbangt sich das Quartett den Goldstaub aus dem Haar. Ein paar Nummern weiter regiert Schwarzlicht im Mörgens; Beckmann, Borkenstein, Swanton und Voellmy plötzlich neon-geschminkt und in Tüll gehüllt.
Nicht unkritisch betrachten
Spätestens da wird klar: Man muss Nina Hagen nicht lieben, sollte sie jedoch auch nicht ignorieren und erst recht nicht unkritisch betrachten. Man muss ihr zuhören, sie erzählen lassen und dann entscheiden, wie nun diese unzähligen Charaktere, Posen und nicht selten wirren Theorien zu sortieren sind.
Das Ensemble jedenfalls hat dies gänzlich verstanden, brilliert mit Gesang und Körpereinsatz und zeigt obendrein noch im Vorbeigehen den Unterschied zwischen New Wave und der Neuen Welle, der deutschen, auf.
Nach nur einer Stunde ist der Punk vorüber und ein letztes Hagen-Zitat steht im Raume: „Wir müssen die Probleme weg lieben!“ Da ist plötzlich nichts mehr wirr, sondern alles glasklar. \ rt
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