Auf der Bühne sitzt ein Mann. Schnauft. Schaut sich um. Genauso macht es das Publikum. Sobald er die ersten Worte spricht, sind allerdings alle Augen auf ihn gerichtet, denn er ist der „Erreger“. Eigentlich ist er Börsenmakler, ein „Trader“, der immer auf der Gewinnerstraße unterwegs ist, nun ist er eingesperrt und von der Außenwelt abgeschnitten. Schnell wird klar: Hier definiert sich jemand durch seinen Arbeit. „Ich funktioniere. Ich bin ein Gewinner“, heißt es am Anfang völlig selbstverständlich.
Dann kommt der totale Zusammenbruch. In Quarantäne beginnt eine Reise durch die Gefühlswelt der Hauptfigur, sie führt in die Vergangenheit, wieder in die Gegenwart und bringt Erinnerungen zurück, die bereits vergessen schienen. Der Zuschauer fährt mit auf dieser Berg- und Talfahrt und wird unwillkürlich in den Bann des Ausgestoßenen gezogen, der mangelnde Liebe mit einem vollen Bankkonto kompensiert.
„Erreger“ ist eine intime Ein-Mann-Darstellung, die mitreißt, herausfordert und zum Nachdenken anregt. Zu verdanken ist das dem herausragenden Hauptdarsteller Stefan Peters, der den manisch-wahnsinnigen und doch sensiblen Antihelden mimt und dabei geschickt zwischen den verschiedenen Facetten hin- und herwechselt.
Der 70-minütige Monolog, geschrieben von Albert Ostermaier, hat eine klare Botschaft: „Verdiene Dein Geld! Verdiene es, wenn du kannst auf anständige Weise, falls nicht, verdiene es irgendwie!“ Raphael Fachner inziniert das Stück gekonnt auf der kleinen Bühne des Theater 99: Ein minimalistisches Bühnenbild mit ein paar leuchtenden Aktienkurven lenkt die Aufmerksamkeit dorthin, wo sie hingehört: Auf den tollen Hauptdarsteller.
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