Da stehen drei Kriegerinnen in Angriffsstellung. Breitbeinig. Kampfbereit. Jede anders und doch sind sie eine Einheit. Ihre Kampfmontur besteht aus schwarzen Hosen, klobigen Boots und individuellen Shirts. Eine trägt einen Hoodie, eine ein enganliegendes Shirt, die dritte eines mit asymmetrischem Schnitt. Sie sind ein Volk ohne Männer. Marion Brodat als Penthesilea, Melina Pyschny als Prothoe und Marlina Adeodata Mitterhofer als Priesterin. Die Namen sagen es schon, das wird keine Amazonen-Story im DC-Style. Das wird ein Kleist-Stück. Nämlich Heinrich von Kleists 1808 erschienenes Trauerspiel „Penthesilea“, das seinen Stoff aus der griechischen Mythologie zieht: das tödliche Zusammentreffen zwischen dem Griechenhelden Achilles und der Amazonenkönigin Penthesilea auf dem Schlachtfeld vor Troja. Fehlen also noch die Gegenspieler der drei Powerfrauen: Achillus (Karl Walter Sprungala), Odysseus (Tim Knapper) und Antilochos (Torsten Borm). Die drei Männer, machohaft überlegen. Sie stehen nicht in Kampfposition, sondern liegen rum. Natürlich breitbeinig. Sie ächzen und stöhnen, wirken nicht wie das starke Geschlecht. Die drei Frauen, die derweil am Rand Platz genommen haben und die Szene beobachten, haben derweil nichts von ihrem Kampfgeist verloren.
Im Mörgens widmet sich Regisseurin Sylvia Sobottka mit modernem Ansatz einem schweren Stoff. Für die Dauer des Stücks von etwa 90 Minuten ist es echt viel Text, am Ende fühlt man sich erschlagen. Aber die Inszenierung um den Stoff ist modern, an wenigen Stellen sogar amüsant, eine Art Charakterstudie mit Matrix-Elementen. In fast schon geometrischen Figuren stellen sich die sechs Darsteller für ihren Kampf auf, in den Fingerspitzen kribbelt es, mit Slow-Motion-Moves bewegen sie sich aufeinander zu: Doch statt roher Gewalt folgt ein weiterer Wortschwall. Aber wer kämpft hier eigentlich? Die Amazonenkönigin gegen den griechischen Krieger oder die Feministin gegen die veralteten Gedanken des „alten weißen Mannes“? Und wann lohnt sich eine Kooperation? Das gilt es rauszufinden. \ kw
1., 10. + 24.4.
„Penthesilea“
20 Uhr, Mörgens, Theater Aachen
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