Joy ist die neue Realität. Zumindest, wenn man das Influencer-Game spielt. Jeans, Corsagentop, Handy am Anschlag. Sie ist angehende Braut. Brautzilla quasi. Alles wird für Social Media festgehalten. Für die Community. Kochen, Putzen, Beauty, Lifestyle: das sind die Themen, sorry der Content, der Joys Welt bewegt. Super. Und das Publikum der Kammer wird zu ihrer Fanbase. Sie wendet sich direkt an den Zuschauer und erklärt ihm, was ihn gleich erwartet. Heute gibt es keinen Kochen, Putzen, Lifestyle Content. Nein heute suchen wir Joys Vater auf. Zu so einer richtigen Hochzeit gehört halt ein Vater. Auch wenn man zu dem wenig, bis gar keinen Kontakt hatte. Grund dafür? Das fragt ihr noch? Der Typ ist Clown. Wie cringe ist das denn bitte? Während Carolina Braun eine großartige Parodie auf so manch ein Insta-Girl zum Besten gibt und das Publikum mit ihrer Darstellung zum Lachen bringt, wechselt für den Betrachter der Schauplatz und man wechselt in die Welt der Clowns. In einem geheimnisvollen Haus wohnen die Clowns Flip (Thomas Hamm), Severin Le Magnifique (Jonas Dumke), Rine (Stefanie Rösner) und Gelsomino (Luc Schneider). Wobei, Gelsomino ist noch gar kein Clown. Der ehemalige Literaturprofessor übt noch. Und – aufgepasst Spoiler – wird gut werden. Insgesamt begeistern alle Darsteller gleichermaßen, entführen in eine wunderbare Welt, die so weit weg scheint und doch so nah und vertraut ist. Und auch hier gibt es Content: Die vier proben und arbeiten an einer Vorstellung, die die Welt verändern soll. Wohl aber in dem Wissen, dass die Zeit der Clowns abgelaufen ist. Wunderbar sind Szenen wie eine Datingszene zwischen zwei Clowns, die Minuten andauernde Stolperei von Severin Le Magnifique, Rines unermüdliche Power, die Männergruppe immer wieder anzutreiben und Flips kompensierte Melodramatik.„Stop being gringe“ steht auf Joys Corsage. In Glitzer natürlich. Aber wer ist cringe? Was ist die Realität? Oder dieses Puppenhaus-hafte Häuschen der Clowns. Wer will hier Illusionen erschaffen, sorgt für Lacher, ist absichtlich oder unfreiwillig komisch? Die Inszenierung von Charlotte Lorenz und Jakob D’Aprile ist tiefgründig und dennoch lustig, gesellschaftskritisch, aber ohne Zeigefinger. Am Ende wird es bewegend. Das Publikum ist euphorisiert. Zurecht. \Kira Wirtz
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