Sammeln kann neben sicherem Lagern und gierigem Horten eine Leidenschaft werden, die Freude am Stöbern und Entdecken mit Vollständigkeitswahn und Klassifizierung verbindet. Die Kunst- und Wunderkammern der Fürsten sortierten den Makrokosmos der Welt im Mikrokosmos der Sammlung und differenzierten die Objekte in Artificialia, Naturalia und Scientifica. Materialien, Fundstücke und Bilder brachten im möglich gewordenen Vergleich von Lagerung und Nebeneinander die Erkenntnisse im Sortieren voran, auch historisch-chronologisch als Menschheitsentwicklung. Die Museen ab Ende des 18. Jhs. schieden das Naturkundliche, Mechanische und Funktional-Handwerkliche, Schmuck und Privates zunächst aus. Es ging um die neue philosophische Kategorie der Ästhetik, um Kunst als Ideengehalt und Illusion. Es wurde im 19. Jh. kolonialer, internationaler, weltausstellungsvergleichend, aber auch heimatkundlich und nach Nationalschulen sortiert. Nun starteten spät Kunstgewerbe- und Spezialmuseen. Anfangs wurde Kunst und Geschichtliches als Lehrmittel nach Material zusammengestellt, um 1900 alles gemischte Stilzimmer, um 1925 nach formalen Gesichtspunkten didaktisiert. Die Moderne gern noch am Rande. Seit den späten 60er Jahren boomt die zeitgenössische Kunst. Museal wird ab den Endsiebzigern neben Fotografie auch Jugendstil und Historismus hoffähig, dann gibt es weder medial noch global Grenzen des Ausstellbaren. Performance, Fluxus und Landart sind nur noch dokumentarisch zu sichern. All das betreiben vorrangig Privatleute mit eher mehr, als weniger Geld, schon seit den 50ern als Dauerleihgeber für die Öffentlichkeit, nicht völlig uneigennützig. Die Sammeltätigkeit ist von Wesen und Aufgabe her expansiv, denn die Geschichte schreitet voran. Privatleute können sammeln, was sie wollen. Sie sichern oft, was Forschung und Öffentlichkeit (noch) belanglos finden.
Welche wenige hundert KünstlerInnen von hunderttausenden Relevanz haben, bestimmt das Werk, die Machart, die Empfindung der Zeit, die mediale Aufmerksamkeit, der Inhalt, der Preis und die Qualität, die von vielen in fortlaufendem Vergleich nicht nur von Verarbeitungsgenauigkeit und Erhaltungszustand, sondern von sinnlich-atmosphärischer Ausdruckskraft, Anspielungsreichtum, kompositorischer Ausgewogenheit bestimmt wird und von zeitgemäßen Bewertungskriterien abhängt. Die Bewertung und das Interesse ändern sich und damit auch Verfügbarkeit und Marktpreis. Das Museum an sich ist bislang der Ort neben den Marktmechanismen, an dem Qualität und Bedeutung, von Forschungsdiskursen begleitet, ausdiskutiert und gezeigt wird, Bezugsort der Forschung. Es hat aber auch Verantwortung für die Region seines Standortes und dokumentiert Lokalentwicklungen, bisweilen profanere Bildgeschichte und individuelle Konzepte. / Dirk Tölke
WEITEREMPFEHLEN