Von Richard Mariaux
Der studierte Komparatist Rick Takvorian kam 1979 aus dem US-amerikanischen Worchester im Staat Massachusetts nach Europa. „Nach Aachen bin ich das erste Mal gekommen, um meine damalige Freundin zu besuchen, als ich noch in Paris lebte. Damals hieß es: Guck mal, ob du es nicht in Deutschland, in Aachen schaffst (lacht). Anfang der 80er Jahre habe ich dann an der RWTH gearbeitet, danach waren wir für drei Jahre in London. In Köln arbeitete ich anschließend in der Redaktion von „Ballett International“ und dann hörte ich von dieser tollen neuen Stelle am Ludwig Forum, dass man hier nicht nur Kuratoren suchte, sondern auch einen Veranstaltungsmacher.“
Im Team von Museumsleiter Wolfgang Becker genoss Rick Takvorian alle künstlerischen Freiheiten um neue kulturelle Formate zu entwickeln, die die ehemalige Schirmfabrik mit Leben zu füllen versprachen. Zu den großen Ausstellungen zu Afrika, Kuba, Taiwan oder Moskau Anfang der 90er Jahre bastelte Takvorian einen thematischen Rahmen aus Tanz, Mode, Musik, Literatur oder Theater. Dabei kannte er keine künstlerischen Scheuklappen.
Parallel entwickelte er neben dem Museumsbetrieb eigene Projekte, zum Beispiel in Kooperation mit dem Jazzclub Malteserkeller das „Internationale Treffen Innovativer MusikerInnen“, ein mehrtägiges Festival der Art-Rock-Avantgarde und der improvisierten Musik. Oder die experimentellen Modeperformances „quasimoda“ und „Wild Child Fashion“ sowie die ersten Veranstaltungen des bahnbrechenden Tanzfestivals „schrit_tmacher“. Takvorian: „Es war eine wilde Zeit mit vielen Freiheiten.“ Diese Freiheiten führten ab 2000 auch zum Veranstaltungsformat der „Langen Nacht der Museen“ – in fruchtbarer Kooperation mit dem „Klenkes“.
2006 entstand durch eine Verwaltungsumstrukturierung der neue Kulturbetrieb der Stadt Aachen. „Damals dachte ich: Du stößt hier langsam mit dem Kopf an die Decke. Im Ludwig Forum konnte man nicht mehr viel Neues bewegen und da kam die städtische Umstrukturierung ganz passend. Der damalige Oberbürgermeister Jürgen Linden sagte zu mir: Entwickle ein Konzept verschiedener Veranstaltungsformate für die ganze Stadt.“
Das Konzept „Stadt als Bühne“ kam an bei den Verantwortlichen. Mit seinem Team, bestehend aus Ute Pennartz, Elke Wienen, Susanne Güntner und Stefanie Gerhards, wuchsen die Aufgaben. Im Rahmen der Euregionale 2006 wurde das Festival „Across The Borders“ ins Leben gerufen, eine anfangs kleine Bühne am Hof führte zum „September Special“.
„schrit_tmacher“ wuchs über die Grenzen weiter bis nach Heerlen und Eupen, und wurde das verlässliche erste Highlight am Anfang jedes neuen Jahres. Auch das Kulturprogramm zum jährlich verliehenen Karlspreis lag irgendwann in der Obhut des städtischen Veranstaltungsmanagements.
Festival-Abbruch
In diesem Jahr hätte „schrit_tmacher“ sein 25-jähriges Bestehen gefeiert. „Die erste Woche war grandios und dann wurde alles abgesagt. Es war bitter“, bedauert Takvorian und wirft trotz seines Abschieds in den Ruhestand einen Blick in die Zukunft. Denn er wird als künstlerischer Leiter sein „Baby“ gemeinsam mit den Partnern aus Heerlen und Eupen sowie seinem Team weiter betreuen. Ein entsprechender Vertrag steht vor der Unterschriftsreife. „Es wird schön sein, das Festival weiterhin zu leiten, ohne den ganzen organisatorischen Kleinkram mit zu machen. Sonst möchte ich jetzt erst einmal mehr Zeit für mich haben: Meine eigene Musik als Singer/Songwriter ist mir sehr wichtig und auch das Format „Café Rick“ werde ich im Kukuk und im Franz weitermachen.“
Die Stelle von Rick Takvorian und seiner Stellvertreterin Ute Pennartz, die seit zwei Jahren nicht besetzt war, wird jetzt ausgeschrieben. „Meine Hoffnung ist, dass dieses offene Fenster zur Welt bleibt, dass so jemand gute Kontakte nach außen hat und auch neue Konzepte entwickelt. Mein Problem, meine Aufgabe ist es jetzt, loszulassen.“ \
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