Der Feuervogel ist ein zauberhaftes Wesen aus der slawischen Mythologie, seine glühenden Federn dienen als Warnung vor einer schwierigen Unternehmung. Im Märchen muss ein Held viele Schwierigkeiten überwinden, um an eine dieser Federn zu gelangen.
Diesen Namen fanden die Begründer von Feuervogel passend. „Die Kinder, die hierher kommen, sind unsere Feuervögelchen,“ erzählt Marie Gurr, die von Anfang an dabei ist, 2009 wurde der Feuervogel als Brücke zwischen Jugendhilfe und Suchthilfe gegründet. In Deutschland leben rund 2,6 Millionen Kinder unter 18 Jahren mit mindestens einem alkoholabhängigen, weitere 40.000 bis 60.000 Kinder mit einem drogenabhängigen Elternteil. Allein in Aachen leben über 6.700 Kinder und Jugendliche in einer Familie mit mindestens einem suchtkranken Elternteil, wobei der Schwerpunkt deutlich auf der Alkoholsucht liegt. Anders als bei der Sucht nach Kokain oder Heroin bleibt diese Sucht länger unauffällig, die Polizei greift nicht so schnell ein – immerhin ist Alkohol eine legale Droge.
Kiosk statt Kindergeburtstag
Die Folgen der Sucht können für die Kinder aber verheerend sein: Sie werden oft von starken Schuldgefühlen geplagt, bemühen sich, die Situation in der Familie zu vertuschen und werden emotional und körperlich vernachlässigt oder misshandelt. Der Weg zum Kiosk ist der Mutter dann schon mal wichtiger, als der Kindergeburtstag. Gerade kleinere Kinder können die Situation schwer erfassen und finden oft eigene Worte wie zum Beispiel „Papa ist wieder balla balla.“ Etwa 50 Prozent von ihnen werden statistisch gesehen später selbst suchtkrank. Oft sind es Lehrer oder Schul¬sozialarbeiter, die sich melden, weil ein Kind auffällig geworden ist, aber auch Nachbarn oder Angehörige können sich an den Feuer¬vogel wenden, wenn sie sich um ein Kind sorgen. Übrigens auch anonym.
Gegenmodelle und verlässliche Strukturen schaffen
Die Leiterin Marie Gurr ist Sozialpädagogin, ebenso wie ihre Kollegen Matthias Schreiber und Chantal Kern; Celine Küpper macht ihr Praxissemester hier. Zusammen betreuen sie vier Gruppen mit höchstens sechs Kindern und Jugendlichen zwischen acht und 18 Jahren, jede Gruppe wird zu zweit moderiert. Hier gibt es feste, verlässliche Strukturen und Regeln. In einem geschützten Rahmen können sie spielen, basteln, reden und Feste feiern und stehen so auch mal im Mittelpunkt und sind wichtig. Eine Erfahrung, die ihnen in ihrer Familie meist fehlt, auch wenn einige Eltern trotz der Sucht sehr um ihre Kinder bemüht sind. „Klare Grenzen und Berechenbarkeit sind wichtig. Und wir müssen dann auch aushalten, wenn diese Grenzen ausgetestet werden,“ so Matthias Schreiber. Gerade Jungs sind oft wilder und wollen sich körperlich ausprobieren oder abreagieren, manchmal hilft ein Kampfsportkurs.
Mädchen haben einen höheren Redebedarf und tauschen sich mehr aus. „Wir wollen ein Gegenmodell zu den eigenen Erfahrungen schaffen, andere Männerbilder vermitteln, die Kinder wieder Kind sein lassen,“ schildert Marie Gurr einige Ziele der Gruppenarbeit, „und manche Familien sind inzwischen auf einem guten Weg.“ Obwohl die Gruppen nach dem Corona-Ausbruch für einige Wochen nicht stattfanden, war jederzeit der Kontakt zum Feuervogel-Team möglich: „Wir haben uns dann durchs offene Fenster unterhalten oder zusammen einen Spaziergang gemacht,“ erzählt Marie Gurr. Seit Mai kann die Gruppenarbeit wieder stattfinden – selbstverständlich mit den üblichen Hygienemaßnahmen, der große Ansturm durch die Corona-Zeit ist aber bisher ausgeblieben. \
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