Der französische Bildhauer und Zeichner François-Auguste-René Rodin wurde 1840 in Paris geboren und besuchte bereits mit 13 Jahren die École Spéciale de Dessin et de Mathématiques. Dort absolvierte er eine intensive Zeichenausbildung, setzte seine künstlerische Karriere aber ohne weitere offizielle Ausbildung fort, da ihm die Aufnahme an der Kunsthochschule verwehrt blieb. Während er um die Anerkennung in der Pariser Kunstwelt kämpfte, absolvierte er 1871 einen längeren Arbeitsaufenthalt in Brüssel. Es wird berichtet, dass er in Belgien die Porträts von Pourbus und De Vos studiert und sich in die Gemälde von Rubens verliebt habe.
Mit seiner ab 1896 eingesetzten Technik des experimentellen Blindzeichnens, bei der er nur auf das Modell, nicht auf das Papier schaute, wurde er zum Vorreiter der Moderne, da er auf eine akademische Darstellung des Körpers verzichtete.
Anlässlich seiner Wiedereröffnung nach Umbau und Neukonzeption widmet das Musée des Beaux-Arts dem bekannten Künstler nun eine umfassende Ausstellung mit fast 200 Exponaten aus öffentlichen und privaten Sammlungen: Skulpturen aus Marmor, Gips und Bronze, Aquarelle und Stiche sind ebenso zu sehen wie Modelle aus der Antike und der Renaissance, die Rodin als Abgüsse oder Stiche studierte. Vor allem seine Zeichnungen lohnen einen näheren Blick, die sogenannten schwarzen Zeichnungen sind beeindruckend, ebenso die 1890 entstandene Zeichnung „Femme nue debout, les bras relevés derrière la tête“ mit der Modernität eines Andy Warhol.
Die Ausstellung vereint hochrangige Leihgaben aus den größten Museen Europas wie den Königlichen Museen in Brüssel, dem Louvre und dem Musée Rodin in Paris sowie dem Victoria and Albert Museum in London. Zu den Highlights gehört die Leihgabe des Musée royal de Mariemont: Bei der berühmten Skulptur „Die Bürger von Calais“ handelt es sich um ein frühes Meisterwerk Rodins mit expressionistischen Zügen, von dem er zu Lebzeiten vier Exemplare herstellen ließ und dessen zwölfter Guss 1905 aufgrund eines amtlichen Beschlusses der letzte war. Die Platzierung dieser monumentalen Bronzegruppe im Jardin du Mayeur de l’Hôtel de Ville ist ein historisches Ereignis, denn das Museum im belgischen Morlanwelz gehört zu den wenigen Kulturstätten mit einem Originalguss der überlebensgroßen Bronzeplastik.
Ein weiterer Coup ist dem Kuratorenteam mit der Einbindung einiger Arbeiten von Berlinde de Bruyckere gelungen. In der der Stadtheiligen Waltraud gewidmeten Kirche Sainte-Waudru sind drei Erzengel der belgischen Künstlerin zu sehen, die im Raumkontext eine intensive Wirkung entfalten. Nicht zuletzt durch die Korrespondenz mit den Alabaster-Figuren des flämischen Renaissance-Künstlers Jacques Du Broeucq. \bep
bis 18.8.
„Rodin. Eine moderne Renaissance“
CAP/Musée des Beaux-Arts de Mons
cap.mons.be
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