Von Martin Schwickert
Sein ganzes junges Leben hat Jack Malik (Himesh Patel) davon geträumt als Singer-Songwriter groß rauszukommen. Aber jetzt geht er auf die dreißig zu, jobbt als Regalauffüller im Supermarkt und singt sich am Wochenende immer noch in halbvollen Provinzpubs die Seele aus dem Leib. Nach einem desaströsen Auftritt wird er während eines globalen Stromausfalles von einem Bus angefahren. Zwei Zähne fehlen, als er im Krankenhaus wieder aufwacht, aber schon bald muss er feststellen, dass dem Rest der Welt sehr viel mehr abhanden gekommen ist.
Als Jack aus dem Hospital entlassen wird, schenken ihm seine Freunde eine neue Gitarre. Zu deren Einweihung spielt er „Yesterday“ und schaut danach in eine ehrfürchtig schweigende Runde. Ob er das selbst geschrieben habe, fragen alle und versichern, noch nie etwas von einer Band namens „The Beatles“ gehört zu haben. Zuhause am Computer ist auch Google keine große Hilfe: Die Beatles sind aus dem Gedächtnis der Welt gelöscht und Jack ist der einzige, der sich an ihre Musik erinnern kann! Aus dieser kleinen, originellen Prämisse schneidern Regisseur Danny Boyle („Slumdog Millionär“) und Drehbuchautor Richard Curtis (siehe rechts) ein leichtfüßiges Feel-Good-Movie, das die musikalischen Retro-Sehnsüchte der Jetzt-Zeit gleichermaßen bedient und karikiert. Denn natürlich kann der Provinzbarde nicht widerstehen und kurbelt mit den geklauten Songs die eigene Karriere an.
Mit „Yesterday“ gelingt es den Filmemachern, einen humorvollen, frischen Blick auf das Werk der Beatles zu werfen. Unübersehbar atmet ihr Werk den freudvoll-melancholischen Geist, der auch die Musik der legendären Band auszeichnet. Richard Curtis hat sich mit brillanten romantischen Komödien in die Filmgeschichte eingeschrieben und deren aufrichtig menschenfreundliche Haltung weht auch durch seinen jüngsten Streich, selbst wenn die Liebesgeschichte zwischen Jack und Ellie (Lily James) etwas zu übersichtlich geraten ist.
Sicherlich ist das alles nichts für Klugscheißer, die Prämisse des partiellen globalen Gedächtnisverlusts hält einer genaueren Logikprüfung natürlich nicht stand und wer hier die Spaßbremse spielen will, findet dafür genügend Ansatzpunkte. Alle anderen, die gerne auch mal ein Auge zudrücken, werden mit einer herzallerliebsten und sehr britischen Komödie belohnt, die ihr williges Publikum beschwingt in den Sommeralltag entlässt.
„Yesterday“
GB 2019 // R: Danny Boyle
Start: 11.7. | 107 Minuten | FSK 0
Der Autor
Richard Curtis schrieb zunächst Radiosketche für Rowan Atkinson, mit dem er später auch bei „Blackadder“ und „Mr. Bean“ zusammenarbeitete. Sein Kinoeinstand „Das lange Elend“ war 1989 ein moderater Erfolg, seit 1994 wurden fast alle Filme nach seinen Drehbüchern zu Hits, darunter „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“, „Notting Hill“ und die ersten beiden „Bridget Jones“-Teile. Bei „Tatsächlich… Liebe“, „Radio Rock Revolution“ und „Alles eine Frage der Zeit“ führte Curtis zudem auch Regie. \
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