In einer Meisterklasse werden normalerweise die Erfolgsgeheimnisse vom Lehrer an den Schützling weitergegen. Auf welchem Weg das passiert, entscheidet der Lehrer. Dumm nur, dass die Lehrerin in der „Meisterklasse“ am Grenzlandtheater eine wahre Diva ist, die über allem wandelt. Oder besser wandelte. Maria Callas (Susanne Jansen) ist alt geworden. Alt und irgendwie verbittert. Auf der Bühne steht sie nicht mehr. Vorbei sind die Jubelchöre und unzähligen Zugaben. Die Erinnerung an den Ruhm ist geblieben. Und ihr zweifelhaftes Talent ihr gesangliches Können weiterzugeben. Selbstsicher geht sie über die Bühne, raunzt mit tiefer Stimme über alles und jedes. Spricht mit sich selbst und meint doch das Publikum. Im Proberaum der Meisterklasse befindet sie sich. Dort soll sie ihr Wissen weitergeben. Aber ganz ehrlich, eine Diva lehrt nicht. Allein durch ihre Anwesenheit werden ihre Schüler, Verzeihung Opfer, etwas von ihr lernen können. Oder eben auch nicht … Schon zu Beginn des Auftrittes wird klar, was die Callas braucht: Applaus. Und den braucht sie, wie die Luft zum Atmen. Das Einzige, was sie davon ab- lenkt, scheint das Versagen ihrer Schüler zu sein. Und das niemand ihr das Wasser reichen kann, macht sie klar: „Ich habe Musik gegessen und Musik geschlafen. Was zählt ist die Arbeit.“ Das Problem ist nur, sie arbeitet nicht mehr als Opernsängerin auf der Bühne, das lässt sie verbittern. Ungehemmt zwickelt und zwackelt sie an den jungen Sängerinnen rum, lässt sie kaum einen Ton singen, ohne bereits vorher etwas zu bemängeln zu haben. Singen dann die Damen ihre Arien, kommen die Erinnerungen der Callas zurück. Vom Tonband löst dann die wahre Callas ihre Schüler ab, wie in Trance erlebt die Bühnen-Callas dann einen Teil ihrer Lebensgeschichte, erzählt wie sie vom dicken Kind zur meistbewundertsten, aber privat niemals glücklichen Frau wurde, eben oder obwohl weil sie immer alles gegeben hat. Aus „Meisterklasse“ ist ein kleines berührendes Meisterstückchen geworden. Voll mit gutem Gesang, verständlichen Emotionen, clever inszenierten Rückblicken, einer scharfen Zunge und jeder Menge verletztem Stolz. Und ist die Callas zu ihren Opfern noch so harsch, gerne wäre man selber in ihrer Meisterklasse. Nur um ganz ganz kurz, eine Millisekunde zu fühlen, wie es ist eine Diva zu seinAber so gesehen: Dafür reicht ein Gang ins Grenzlandtheater. \ kw 1.-18.5.
„Meisterklasse“
20 Uhr, diverse Orte
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