Ödön Horváths kritischer Blick auf die Jugendgeneration im Dritten Reich ging nicht mit den nationalsozialistischen Ideen konform. 1937 veröffentlichte er seinen dritten Roman, „Jugend ohne Gott“.
Schüler N schreibt in einer Klassenarbeit, alle Neger seien hinterlistig, feige und dumm. Der Lehrer stößt sich an der Formulierung, aber da N den Spruch im Radio aufgeschnappt hat, kann er ihn nicht als Fehler anstreichen. Und seinen Job verlieren will er nicht. Joey Zimmermann bringt einen jungen Lehrer auf die Bühne, dem man seine Zweifel, ja seine Verzweiflung in jedem Moment anmerkt. Sein marionettenhaftes Verhalten als gezwungenermaßen gesellschaftskonformer Lehrer auf der einen, seine in Alkohol ertränkten Gespräche über die Verrohung oder Verhärtung der Jugend mit Kneipenkollegen auf der anderen Seite.
Seine Schüler sind eiskalt, sie haben nicht mal Namen, bloß Buchstaben. Immer gleich gekleidet, synchron redend. Robert Seiler, Oleg Zhukov, Philipp Manuel Roth, Björn Büchner und Katharina Merschel spielen die fünf gleichen Rädchen im großen Ganzen. Mit dem Lehrer fahren sie in ein Zeltlager, zur militärischen Vorbildung. Immer blinden Gehorsam übend. Völlig emotionslos. ?Eine Generation von gleichen Fischen?, wie der Lehrer immer wieder betont. Wer ist wer?
Der einzige, der sich ein Stückchen Individualität zu wahren versucht, ist Z. Oleg Zhukov als Z, der Tagebuch führt und somit aus dem Rahmen fällt. Als er Eva kennen lernt, ein Mädchen, das aus Verzweiflung klaut, öffnet er sich und wird vom kalten Jugendlichen zum Menschen. Und genau dieses Tagebuch scheint Grund für den schlimmen Mord zu sein, der passiert. N. wird ermordet. Weil er Zs Tagebuch gelesen haben soll? Oder warum sonst? Keiner weiß es genau. Aber klar ist, N ist tot, weil seine Generation weder an Gott noch an sonst irgendwelche Werte glaubt. Am Schluss bleibt stehen: Gott ist Wahrheit. Und wer ohne Gott auskommt, lebt ohne Wahrheit.
Nora Mansmann inszeniert eine gelungene Gratwanderung zwischen einigen komischen Elementen und der Tragik des Stücks, zwischen kurzen Lachern und Betroffenheit. Die Regisseurin lässt ihre Schauspieler die vorwiegend jugendlichen Zuschauer mit komischen Elementen abholen ? so sitzt Robert Seiler mal mitten im Publikum, steht Björn Büchner mit Tüllrock als Mädel verkleidet da ? und konfrontiert sie mit den Mechanismen der Masse.
Barbara Taxhet
2., 5., 6., 25. und 26.2.
„Jugend ohne Gott“
20 Uhr, Theater Aachen, Mörgens
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