Estragon und Wladimir sind zwei Landstreicher, die irgendwo im Nirgendwo an einem Baum stehen und warten. Sie warten auf jemanden oder etwas mit Namen „Godot“. Dieser erscheint aber nicht, und so entstehen Dialoge und Spiele, die zunächst wie Nonsens erscheinen.
„Der Lebenszweck dieser Personen ist das Spiel. Und in meiner Inszenierung möchte ich versuchen, die Spiele und ihre Dynamik in die richtige Bewegung zu setzen.“
Und da Regisseur Christian von Treskow eine große Vorliebe für Komik hat, die stark an ein Clownspiel, Commedia dell‘arte oder Stummfilmoptik erinnert und die Bewegungen seiner vier Schauspieler möglichst plastisch erscheinen lassen möchte, um ihre Ausdrucksmöglichkeiten zu verstärken, trainiert er mit ihnen Schauspieltechniken der „Biomechanik“.
Vorbereiten
Erst wird sich ein wenig aufgewärmt, dann folgen Übungen durch den Raum, Balance-Training, Sprünge und zum Ende ganze Bewegungsabfolgen. Ausgangsposition einnehmen, Bewegung durchführen, Stillhalten. Sieht gut aus und ist sehr anstrengend.
„Wer die Biomechanik verinnerlichen möchte, der muss das über einen längeren Zeitraum trainieren“, klärt von Treskow auf. Und so trainieren Philipp Manuel Rothkopf, Tim Knapper, Thomas Hamm und Markus Weickert seit einigen mit dem berühmten Biomechanikexperten Tony De Maeyer Wochen fleißig.
Und in der Tat, bei der Probe zum Stück lassen sich einige der Bewegungen aus dem Training erkennen.
Schon bei der Inszenierung von Kafkas „Prozess“, der im Übrigen parallel zu „Warten auf Godot“ im Februar wieder auf dem Spielplan steht, hatte von Treskow mit biomechanischem Training gearbeitet.
Becketts Klassiker schien dem Regisseur und der Chefdramaturgin und Schauspielleiterin Inge Zeppenfeld ein geeigneter Stoff, um die biomechanische Arbeit fortzusetzen.
Verharren
„Warten auf Godot“ ist zu einem Synonym für langes und aussichtsloses Warten geworden. Die Handlung in Samuel Becketts Stück tritt auf der Stelle.
Fast könnte man sagen: nichts passiert. Die zwei Landstreicher retten sich Tag für Tag über das Nichts hinweg, drehen sich im Kreis und setzen alles in Bewegung, „um nicht zu denken“. Dabei werden sie immer bewegungsunfähiger.
„Warten hat ja immer zwei Komponenten: Verharren auf der einen Seite und sinnloser Aktionismus auf der anderen. Und das kennen wir nur all zu gut, im Alltag, in der Politik, im Großen und im Kleinen. Insofern zeigt uns „Warten auf Godot“ ein wirklich treffendes Bild unserer Zeit“, erläutert Zeppenfeld.
„Vielleicht mögen die Figuren Becketts recht fern erscheinen, aber der Schein trügt - aktueller kann es heute kaum sein.“
Erreichen des Ziels
Die vier Darsteller haben zusammen mit von Treskow und der Biomechanik bereits einige Figuren und Bewegungen erarbeitet. Bis zur Premiere im Januar werden noch einige Proben folgen.
Doch bereits Anfang Dezember lässt sich beobachten, was Zeppenfeld und von Treskow da gemeinsam erschaffen: eine absurd witzige Sprachdiarrhö gepaart mit Situationskomik und Körpereinsatz wie zu Stummfilmzeiten. \ Kira Wirtz
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