Die Burg Frankenberg umgab in der abendlichen Dämmerung einen Hauch mystischer Romantik. Das Das Da Theater inszeniert in der alten Wasserburg aus dem 13. Jahrhundert ein Evergreen der Theaterkunst – „Was ihr wollt“ von Shakespeare. Die Inszenierung der „Festkomödie“ bedient sich den Irrungen der Liebe, die in ihrem Kern gewaltig, traurig und komisch zugleich sein können.
Die Neuinterpretierung des Werks durch das Das Da Theater Ensemble trifft auf den Zeitgeist des 21. Jahrhunderts und greift diskursive Themen wie gleichgeschlechtliche Liebe und grundlegende moralische Hinterfragungen in zwischenmenschlichen Beziehungen auf. Die Kulisse ist eine Mixtur aus mittelalterlichem Burgcharme und nicht ganz ernst gemeinten Kleinrequisiten. Das Zusammenspiel aus den schummrigen Blau- und Graunuancen des Abendlichts und hellen Scheinwerferspots umgibt die Szenerie der Open Air-Bühne minütlich mit einer anderen lichtvollen Aura.
Der Narr, listig und zwiespältig in seinem Charakter, führt durch das Geschehen und singt ähnlich wie ein Barde mit melodischen Akkorden über die Verwirrungen und leidenschaftlichen Laster der Protagonisten. Auch der visuelle Zugang zum Stück fällt indessen aufgrund des imposanten und zeitgenössischen Burginnenhofs leicht. Alle äußerlichen Sinneseindrücke verschmelzen sich mit dem Schauspiel zügig zu einer stimmigen Symbiose. In einem imposant ausgeleuchteten Baum zwitschern die heimischen Aachener Singvögel, Herzog Orsino brüllt derweil sein ungestilltes Verlangen nach Liebe schmetternd an die Burgwand der angebeteten Gräfin Olivia.
Schnell entwickelt sich eine sensationslüsterne Sympathie für den moralisch verwerflichen Narr, der gemeinsam mit Maria, Olivias Kammermädchen, ein falsches Spiel mit den Liebenden treibt. Malvolio, Olivias engster Vertrauter, versucht indessen, seinen eigenen rühmlichen Manifestationen nachzugehen. Er sieht sich als mächtigen Burggraf an der Seite der sinnlichen und liebestollen Olivia, die ihrerseits einzig ein Auge auf Cesario (Viola) geworfen hat.
Viola sucht nach erlittenem Schiffbruch nach ihrem Bruder und stellt sich verzweifelt als Cesario in die Dienste von Herzog Orsino von Illyrien. In den Kleidern ihres Bruders erledigt sie fortan die Belange von Orsino mit der Hauptaufgabe bei Olivia des Herzogs Liebesbezeugungen kundzutun. So verliebt sich Olivia tragischerweise in den falschen Mann, Cesario, und Viola ihrerseits wiederum in Herzog Orsino. Orsino ahnt nicht, dass unter den Gewändern von Cesario, Viola steckt. Nachdem Violas Bruder Sebastian, aufgrund seiner geschwisterlichen Ähnlichkeit irrtümlich für Cesario gehalten, der flammenden Leidenschaft Olivias erliegt, löst sich das verwirrende Lustspiel in geordnete Pärchen auf.
Am Ende gibt es zwei glückliche Eheschließungen und zwei Leidtragende in Form des Narrs und des Kammermädchens Maria. Der moralische Zeigefinger schwebt humorvoll und kontrastierend mit teilweise derben und auch anzüglichen Witzen von und über die Charaktere und unterstreicht somit die komplexe Situationskomik des Stücks. Die Schauspieler interpretieren „Was ihr wollt“ mit inbrünstigen und tiefgehenden Mimikspiel und Dialogen. Die Emotionen breiten sich ähnlich einer Schwingung fließend und in heftigen Wellen überschwappend von der Bühne hinweg auf das Publikum aus. In diesem Sinne bleibt die Frage: Wer bin ich? Und vor allem: Wer bin ich ohne den Anderen? \tgo
bis 23.7. (außer montags)
„Was ihr wollt“ 21 Uhr, Burg Frankenberg
WEITEREMPFEHLEN