Open-Air in der Ruine des Theater K. Die Zuschauer nehmen auf Stühlen Platz, die Bühne ist in die Kulisse des alten Tuchwerks integriert. Bereits zum zweiten Mal wird hier das Sommertheater des Theater K stattfinden. Die Bühne ist zweigeschossig mit einigen Winkeln, Leitern und Innenraum. Auf ihr sitzt eine bizarre Gestalt (Sonja Mischor) in silberner Montur, Schmetterlingsmaske und Bärtchen. Dann riecht es plötzlich nach Patschuli. Zwei weitere Personen erscheinen und wedeln mit Räucherstäbchen hin und her. Sie tragen streng zurückgekämmtes Haar, Hosen mit psychedelischem Muster, bewegen sich grotesk. Plötzlich kommt Hektik auf, die Musik wird greller (alles live gespielt von Mischor). „Pst, pst, pst“, rufen die optischen Zwillinge und gehen in Deckung. Noch während der Zuschauer mit suchendem Blick Richtung Bühne starrt, tönt von hinten ein lautes „Hallo?“. Wo kam das her? Was ist hier eigentlich los? „Hallo?“ Jetzt kommt es von rechts. Und bekommt ein Gesicht. Durch die alten Fenster der Ruine lugt ein Kopf. Falligan (Jochen Deuticke) mit Fliegermütze, Fernglas und Hawaii-Hemd bahnt sich einen Weg Richtung Bühne. Er ist in Sandalen und Old-School-Weekender auf der Suche nach etwas. Und spricht den Maskenträger an. „Sind Sie stumm?“, fragt er. Die Antwort: Eine rausgestreckte Zunge. „Ah, zumindest nicht taubstumm“, schlussfolgert Falligan.
Spätestens hier ist klar: Es wird grotesk. Um genauer zu sein: „Himmel und Scheiße“ von Fernando Arrabal ist dem absurden Theater zuzuordnen, das die Sinnfreiheit der Welt und den darin orientierungslosen Menschen darstellen will. Und orientierungslos sind hier einige: Falligan, Kirchen- und Friedhofsforscher, irrt durch die Wüste, um seinen verschwundenen Freund zu finden. Er gelangt an einen unbestimmten Ort. Dort empfängt ihn eine scheinbar zart-mystisch besaitete Dame (wunderbar Ulla Marks in wuchtigem Ballonrock) und spiegelt seine Fantasien und Ängste, bis sie sich zuletzt als Herrin dieses Ortes, als männerverschlingende „Urfrau“ Lilith herausstellt. Gemeinsam mit ihren zwei Dienerinnen (Eva Weissenböck, Barbara Portsteffen) entfaltet sie ihr teuflisches Spiel um den immer wirrer werdenden Besucher.
Ja gut, ein wenig absurd war es schon. Vor allem wenn die beiden Helferlis in ihrer eigenen Sprache schimpfen oder wild umhertanzen, Falligan in bunten Socken, die in Wandersandalen stecken, die Leiter zu seiner Liebsten hochwankt, die Holde sich singend den Po versohlen lässt und fordert „Liebkosen Sie mir den Rücken mit einer Harke“ oder der stumme Musiker doch Töne auf den unterschiedlichsten Instrumenten produziert. Aber das ist gewollt. Und gut so. Der Abend im Theater K in wunderbarer Kulisse mitten in der Soers ist einen Ausflug wert. Hier wird abgeschaltet und der Kunst gefrönt. Mit Wortwitz, Spielfreude und Gelächter. Unterhaltung ist das Zauberwort. Und das gelingt. \⇥kw
12., 13., 16., 19., 20., 21., 23., 26., 27., 28. + 30.8.
„Himmel und Scheiße“
20 Uhr, Ruine, Theater K
Hier geht es zur Website des Theater K
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