Alles ist braun-rot, samtig, flauschig im Atelier Pasch, in dem das Theater K seine Produktion „Aufzeichnungen eines Wahnsinnigen“ zeigt. Der Bühnenbereich mit schwarzen Laken abgesteckt und eingezäunt mit einem Gespinst aus Kordeln, an denen Buchseiten heften. Einladend ist das Ganze, einen kurzen Moment kommt ein kleines Bastei-Feeling (der vergangene Stammsitz des Theater K) auf, wenn man sein Getränk auf den kleinen runden Tischen im Zuschauerbereich abstellt. Aber kein Grund und keine Zeit der Vergangenheit nachzutrauern. Diese Spielstätte im Tuchwerk ist super geeignet für das satirische Stück mit musikalischer Begleitung (live auf der Bühne Sasan Azodi). Es ist eine perfekte Mischung aus Komik, Tragik, Albernheit und Hilflosigkeit, die Jochen Deutike als verhaltener, leicht nervöser, aber immer schwer gebeutelter Poprischtschin durchlebt. Begleitet von seinen ständigen Hirngespinsten (Annette Schmidt, Ulla Marks), die seine immer wirrer werdenden Tagebucheinträge mal singend, mal bellend, mal wie in Trance wiedergeben. Schon die Vorlage besticht durch Wortwitz; die Fetzen „aus den Notizen eines Verrückten“, wie Schmidt gleich zu Beginn klarmacht, setzten die drei Schauspieler samt Musiker Azodi perfekt um. Keine Sekunde ist die Gitarre stumm, keine Sekunde passiert nicht eine neue Absurdität: Entweder in Poprischtschins Gedanken oder in der Ausführung der Hirngespinste oder des immer wirrer werdenden Wahnsinnigen. Sei es Marks unvermitteltes „blubb-blubb“ während des Gesangs, das Barbie-Brautkleid auf Deutikes Kopf oder die auf allen vieren krabbelnde Schmidt, bellend samt Hundemaske, in der Inszenierung reiht sich eine Verrücktheit an die nächste, genau wie es das Stück vorgibt. Und kommt Deuticke als Titularrat ins Stottern, wechselt Azodi von der Gitarre zur Trommel und die Hirngespinste vom Schwestern-Outfit zu übergroßen Kirschlippen.
Während der Schlussapplaus losbricht, hört man im Publikum erste Stimmen. Eine sagt: „Na, das muss man sich auch erst mal trauen.“ Zum Glück hat sich das Theater K getraut. Es ist nicht alltäglich, es ist etwas wirr, man muss sich drauf einlassen. Dann bekommt man wunderbare musikalisch-theatrale Unterhaltung mit garantierten Lachern, ein Stück, dass sich literarisch gewaschen hat und Schauspieler, die sich trauen auch mal so richtig albern zu sein, ohne lächerlich zu wirken. Ja, das muss man sich trauen. // Kira Wirtz
9.+10.12.
„Aufzeichnung eines Wahnsinnigen“
20 Uhr, Atelier Pasch, Tuchwerk Aachen
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