„Hoffentlich spielen sie das Stück so, wie es ist!“ Ein Wunsch, der – wenn man dem Schauspielpaar auf der historischen Bühne Glauben schenken darf – immer wieder seitens alteingesessener Theatergängern und Abonnement-Besitzern geäußert wird. Denn Produktionen, die dem ursprünglichen Stoff eins zu eins nachempfunden sind, werden immer seltener. Stattdessen gibt’s moderne Inszenierungen – zum Glück! Denn auch „Gretchen 89ff“, die neue Open Air-Komödie des Das Da Theaters auf der Burg Frankenberg lebt davon, Goethe auf unkonventionelle, frische Art zu erleben. Hier wird nämlich nicht einfach die bekannte Faust-Story erzählt, sondern ein Blick hinter die Kulissen der Theaterwelt gegeben. Eine Welt, in der die gleiche Szene je nach „seliger und unseliger Kombination aus Regisseur und Schauspieler“ völlig anders ablaufen kann. Der Zuschauer sieht nur das fertige Stück, kennt den Regisseur nicht, genauso wenig wie den Ablauf zur Entwicklung einzelner Szenen. Damit ist jetzt Schluss! Die Komödie von Lutz Hübner zeigt auf nicht ganz ernst zu nehmende Art und Weise, welche Menschen in der Welt der Bretter, die die Welt bedeuten, arbeiten, was sie bewegt und wie sie an die Entwicklung einer Szene herangehen.
Da ist zum Beispiel der alte Haudegen, der sich weniger für seine aktuelle Produktion inklusive Schauspielerin interessiert, als vielmehr für seine vergangenen Abenteuer. Das Tourneepferd mit Wiener Akzent will um jeden Preis gefallen – besonders seiner jungen „Spatzerl“ Schauspiel-Kollegin, die er mit all seinem Charme um den Finger zu wickeln versucht – natürlich ohne sich dabei wirklich auf Szene und Arbeit einzulassen. Doch nicht nur die Regisseure können mir ihren Marotten den Probenfluss verzögern. Genauso ist die Diva in ihrem Beruf als Schauspielerin viel zu sehr auf sich fixiert und lässt die Ideen ihres Gegenübers komplett an sich abprallen. Die Anfängerin, gerade von der Schauspielschule hingegen, ist noch gar nicht im Profi-Alltag angekommen, verrennt sich in Hintergrundinformationen und Stimmübungen, anstatt den Anweisungen des Regisseurs zu folgen. So zeigt die Komödie zehn Charakter-Kombinationen, die versuchen, die Kästchenszene des Faust auf Seite 89 folgende zu proben und auf ihre eigene Art stets daran scheitern – wenn auch sehr unterhaltsam! Der Clou des Ganzen: Alle Figuren werden von nur zwei Darstellern gemimt. Christine Schaller und Frank Siebenschuh beweisen echte Wandlungskunst – in wenigen Augenblicken schlüpfen sie in die verschiedenen Rollen und zeigen mit nur wenigen Requisiten völlig verschiedene Charaktere auf. Damit haben sie die Lacher und die Bewunderung des Publikums auf ihrer Seite. \ sim
bis 4.8.
„Gretchen 89ff.“
Di-Do 20 Uhr, Fr-So, 21 Uhr, Burg Frankenberg
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