Von Kira Wirtz
Regisseur Christian von Treskow– dem Aachener Publikum bereits aus großen Produktionen wie „Warten auf Godot“, „Fabian oder der Gang vor die Hunde“, „Der Prozess“ oder „Die Physiker“ bekannt – kehrt in diesem Jahr mit Elfriede Jelineks „Am Königsweg“ ans Theater Aachen zurück. Die Dramaturgie übernimmt Inge Zeppenfeld. Im Gespräch verrieten die beiden vorab, warum „Am Königsweg“das Stück der Stunde ist.
An dem Abend, an dem Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde, begann Elfriede Jelinek, ihr Stück „Am Königsweg“ zu schreiben. Vor Trumps Amtseinführung hatte die Autorin bereits eine erste Fassung des Textes abgeschlossen. 92 dicht beschriebene, inhaltlich überbordende Seiten bilden nun die Vorlage für das Theater. Christian von Treskow empfindet das als willkommene Herausforderung, weil die Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek wider Erwarten der Regie alle Freiheiten im Umgang mit dem Text lässt.
Mittlerweile ist „Am Königsweg“ an vielen Theatern in unterschiedlichsten Versionen gezeigt worden. „Wir in Aachen haben uns für eine Sichtweise entschieden, die von diesem „König“ – wie Jelinek Trump in Anlehnung an den blinden König Ödipus nennt - auf den Zustand einer ganzen Gesellschaft rückschließt, einer Gesellschaft, in der es erschreckenderweise möglich ist, dass so jemand wie er überhaupt an die Macht kommen und das Sagen haben kann“, so Inge Zeppenfeld. Es geht um einen allgemeinen „Trumpismus“, der mit all seiner Gewalt, seinem Hass, seinem Populismus, seinem Rassismus, seinem Sexismus und seiner jede Satire übertreffenden Absurdität gesellschaftsfähig geworden ist und über die Sozialen Medien in Form von Fake-News oder Hass-Kommentaren Kommunikations-Konsens zu werden droht: „Twitter, twatter und ab die Post!“ heißt es bei Jelinek. „Trump ist gewissermaßen zum Symbol dieser zivilisatorischen Rückentwicklung geworden“, konstatiert von Treskow, Zeppenfeld ergänzt: „Und das Schlimmste: Es gibt kein Korrektiv mehr. Weder die Medien, noch die Intellektuellen, noch die Kunst, bzw. die KünstlerInnen. Elfriede Jelinek geht in diesem Sinne auch mit sich selbst hart ins Gericht: ‚Wir sind blind, alle von uns blind‘.“
Aber Jelinek wäre nicht Jelinek, würde sie nur düster vom Untergang raunen. Ihr wunderbarer Wortwitz, die Fähigkeit ein Schauspiel zwischen Tragödie und Groteske, zwischen biblisch-mythologischen Verweisen, politischen Skandalanklagen, Daily-Soap-Gossip und intellektuellem Kalauer changieren zu lassen, macht Jelineks Stücke inzwischen auf deutschen Bühnen zum absolut unterhaltsamen Publikumserlebnis. „Hier mündet die steilste sprachliche Konstruktion in einem schenkelklopfenden Kalauer. Großartig!“, befindet von Treskow. Und das wird er in seiner Inszenierung herauskitzeln.
Philosophisches Kabarett
So tut sich, musikalisch begleitet vom Sound von Malcolm Kemp und in der Ausstattung von Dorien Thomsen und Sandra Linde ein großes Panorama an skurrilen Situationen und Figuren auf: Antike TragödInnen, Shakespearesche Schurken, aber auch Miss Piggy alias Jelinek und Kermit alias Trump sowie sprechende Fische, ein Chor der rückwärtsgewandten Engel, Social Media-Kids und eine schrecklich normale Familie, um nur einige zu nennen – sie alle schaffen lässig lockere Bezüge zur Theatergeschichte wie zur Popkultur, während sie gleichzeitig einen messerscharfen Blick werfen auf die drohenden Katastrophen in unsere Zivilisation.
Blinde, Blender und Geblendete – Wer jetzt noch nicht genau weiß, was ihn erwartet, dem sei es nochmal in Treskows Worten gesagt: „Es wird ein spannender Trip, durch den man rast. Dabei gibt es einen Anfang, den man kennt und ein Ende, das auf den Vorgang des Blendens zusteuert. Dazwischen ereignet sich so etwas wie der Wahnsinn unserer Epoche.“
Gegen Ende wird man den Namen dessen, um den es geht, nicht aussprechen müssen. Dennoch wird er in aller Munde sein. \
19. + 26.1.
„Am Königsweg“
19.30 Uhr, Bühne, Theater Aachener
ZUM STÜCK
Inszenierung:
Christian von Treskow
Dramaturgie:
Inge Zeppenfeld
Bühne und -Kostüme:
Sandra Linde, Dorien Thomsen
Musik:
Malcolm Kemp
Video:
Luca Fois
Darsteller:
Petya Alabozova, Luana Bellinghausen, Marion Bordat, Tim Knapper, Julian Koechlin, Melina Pyschny, Philipp Manuel Rothkopf, Benedikt Voellmy, Alexander Wanat \
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