In den vergangenen 23 Jahren hat Nina Mika-Helfmeier – mit viel Weitblick, Geduld und Beharrlichkeit – aus einem Atelierhaus, dem „Kunst- und Kulturzentrum“ in Monschau, das international beachtete Fotografie-Forum der Städteregion Aachen gemacht.
Das von der promovierten Soziologin und Volkswirtin Nina Mika-Helfmeier als Leiterin der „Stabsstelle für Projektentwicklung und Kulturwirtschaft in der Städteregion Aachen“ entwickelte Konzept eines Atelierhauses brachte zunächst die Fördermittel für die Sanierung des zuvor als Grundschule, Finanzamt und Asylbewerberheim genutzten Hauses an der Austraße. Im Laufe der Jahre entwickelte sich das „KuK“ zu einem Ausstellungshaus für künstlerische Fotografie und weiter zu einem Museum mit Archiv, eigener Sammlung und Vermittlungsangeboten.
Diese stetige Neuausrichtung ist vor allem dem produktiven Esprit und der Kombination aus Passion und Professionalität von Mika-Helfmeier zu verdanken. Die zeichnet auch als Organisatorin des „Kulturfestivals X“ verantwortlich, das schon Stars wie Nina Hagen und Tocotronic in die Region brachte.
Selbst Fotolegenden wie Anton Corbijn oder Jim Rakete fanden den Weg ins beschauliche Eifelörtchen. Ihr gut geführtes Adressbüchlein und Netzwerk ist Gold wert, denn nach dem Auslaufen der Fördermittel galt es das Atelierhaus neu aufzustellen. Ab 2011 wurde die gelegentlich gezeigte Fotokunst mit Partnern wie Magnum Photos aus Paris oder diChroma aus Madrid zum Hauptfokus.
„Auch wenn wir die erste große Ausstellung von Magnum übernommen haben, bedeutet das nicht, dass wir hier nur einfach ein paar Bilder aufhängen. Jedes Foto erzählt eine in sich geschlossene Geschichte,“ sagt Mika-Helfmeier und fährt fort: „Im besten Fall unterstreicht die Präsentation dieses Narrativ.“ Wie bei der aktuellen Ausstellung „Bankgeheimnisse“, wo von der ersten Idee beim Erwerb eines kleinen Konvoluts von Barbara Klemm 2019 bis zur Eröffnung einige Jahre mit der Suche nach geeigneten Motiven und der entsprechenden Recherche zu den Fotografinnen und Fotografen vergingen.
Das Augenmerk von Mika-Helfmeier liegt auf Straßen- und Dokumentarfotografie der 1930er Jahre. So fand sie ein Bild mit einem schlafenden Obdachlosen auf einer Parkbank in Wien von Gerti Deutsch, das die österreichische Fotografin vor ihrer Flucht aufnahm. Bei „Bankgeheimnisse“ gefällt ihr die Doppeldeutigkeit, denn das Möbelstück Bank bewahre seine Geheimnisse ebenso wie die das Geldinstitut Bank. Das ermögliche auch den historischen Kontext zu erläutern, beispielsweise die Kulturgeschichte des Sitzmöbels selbst.
Denn auch die Vermittlung zählt zu den Aufgaben des Forums, 2022 startete das Lernatelier, das Jugendlichen Einblick in die Komplexität der Fotografie ermöglichen soll. Die kritisch-reflektierte Nutzung des Mediums Fotografie steht dabei im Mittelpunkt, noch nie gab es so viel Bilder wie heute: Bei Instagram werden rund 95 Millionen Videos und Bilder pro Tag (!) hochgeladen.
Auch wenn das Herz von Mika-Helfmeier an der Analogfotografie hängt, die das Weltgeschehen in 12, 24 oder 36 Aufnahmen pro Film festhalten musste, öffnet sie sich langsam der digitalen Welt.
„Die Ausstellung „Neue Alte Welt“ von Tim Berresheim im NRW Forum in Düsseldorf war für mich eine wahre Offenbarung“, sagt sie. „Ich brauche dennoch den Geruch des Archivs, diese Atmosphäre kann man einfach nicht ersetzten,“ erklärt die Kuratorin, die mit analogen Bildern auch immer die Wichtigkeit der Fotografie als dokumentarisches und künstlerisches Medium herausheben möchte. Während Frankreich und die USA schon früher begonnen haben, Fotografie als eigenständige Kunstform anzuerkennen und in Museen auszustellen, dauerte diese Entwicklung in Deutschland etwas länger.
Dass die Besucherinnen und Besucher dennoch vor allem Dokumentar- und Straßenfotografie gerne sehen, liegt laut Mika-Helfmeier auch daran, dass die intimen, ungestellten Momentaufnahmen heute allein aus rechtlichen Gründen nicht mehr machbar seien. Die Visionärin blickt auch nach fast einem Vierteljahrhundert Pionierarbeit entschlossen nach vorn und sieht das Haus für eine neue Generation und die Weiterentwicklung in der Provinz bestens gerüstet: Wir müssen keinen Trends hinterherlaufen und uns beweisen, inzwischen haben wir unser Standing und werden auch von der internationalen Fachpresse gesehen.“ So wie bei der Ausstellung von Bruce Davidson, deren Stationen New York, Wien, Paris – und Monschau – für sich sprechen.
Fotografie-Forum (ehem. KuK) der StädteRegion Aachen
Austraße 9, 52156 Monschau
kuk-monschau.de
Tipp:
Fotografie-Fans erwartet beim Internationalen Museumstag (19. Mai) ein cooles Programm:
Es wird Mitmach-Stationen sowie eine Dialogführung geben, die ganz neue Einblicke in die aktuelle Ausstellung „Bankgeheimnisse“ ermöglichen.
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