Die schockierenden Vorher-Nachher-Bilder aus den USA gingen um die Welt. Auch in unserer Region ist Crystal Meth längst angekommen. Welche Auswirkungen das hat, zeigt der neue Podcast „Narcoland“.
Die Entwicklung ist dramatisch. Seit Jahren wird immer mehr Crystal Meth über die deutsch-niederländische Grenze geschmuggelt. Allein im Jahr 2019 haben nordrhein-westfälische Zollfahnder 97 Kilogramm der synthetischen Droge entdeckt – sechsmal so viel wie im Vorjahr. Welche Auswirkungen hat das auf die Region Aachen? Ein halbes Jahr lang hat der Münchner Journalist Alexander Gutsfeld für die „Aachener Zeitung“ und die „Aachener Nachrichten“ im Dreiländereck recherchiert. Das Ergebnis ist ein spannender Podcast in fünf Teilen, der den Namen „Narcoland“ trägt.
Sechs Monate lang war Gutsfeld im Dreiländereck unterwegs. Die Recherche begann am Aachener Kaiserplatz, wo der 31-Jährige nachfragte, ob jemand Crystal Meth verkauft. „Gekauft habe ich natürlich nichts“, sagt er lachend. Ihn bewegten allerdings die Fragen: Wird hier viel Meth konsumiert? Wird es verkauft? Im Zuge seiner Nachforschungen stieß er auf einen Drogenring, dessen Drahtzieher in Aachen gelebt und über Aachen Crystal Meth aus den Niederlanden nach Osteuropa geschmuggelt haben soll – zumindest bis zu seiner Festnahme. „Die Dimension wurde immer größer. Irgendwann ist meine Recherche in Mexiko und beim Sinaloa-Kartell gelandet. Dort habe ich eine Antwort auf die Frage gefunden, warum seit Jahren immer mehr Meth über die deutsch-niederländische Grenze geschmuggelt wird“, sagt er. Die Ergebnisse erfahren die Hörerinnen und Hörer im Podcast, der auf den Webseiten von Aachener Zeitung und Aachener Nachrichten bereits komplett zur Verfügung steht. Der fünfteilige Podcast wird aber auch auf allen üblichen Diensten, die Podcasts anbieten, abrufbar sein; ab dem 27. Januar erscheint dort wöchentlich eine Folge.
Ohne zu viel vorwegzunehmen: Crystal Meth betrifft den Raum Aachen sehr – auch wenn das die allermeisten Menschen überraschen dürfte. Seit Jahren würden immer mehr Drogen über die Grenze geschmuggelt, berichtet Gutsfeld. „Hier werden nicht nur viele Drogen geschmuggelt, auch das organisierte Verbrechen ist stark vertreten.“ Ein Hinweis darauf sei der Drogenring. Ein weiterer Aspekt sei, „dass hier in der Grenzregion auch schon Drogenabfälle gefunden wurden, mal aus Amphetaminlaboren, aber auch aus Laboren, in denen mutmaßlich Crystal Meth produziert wurde. Das ist natürlich auch für die Umwelt eine Gefahr“.
Es sei durchaus wahrscheinlich, dass der Konsum von Methamphetamin in der Region zunehmen wird. Das könne man aus der Entwicklung in Ostdeutschland und Tschechien ableiten, der ehemaligen Meth-Hochburg in Europa. „Dort ist passiert, was jetzt hier passiert: Anfang der 2000er ist immer mehr Meth über die Grenze gekommen, und inzwischen ist diese zu einer Volksdroge geworden“, sagt Gutsfeld. Der Konsum gehe durch alle Gesellschaftsschichten.
In Studien werde Methamphetamin mit Heroin und Crack zu den bedrohlichsten Drogen der Welt gezählt, weil sie sehr süchtig machen und schnell zum körperlichen Verfall führen würden. „Es ist außerdem eine Droge, die gut in unsere Gesellschaft passt. Das ist eine Leistungsdroge. Wenn man Crystal nimmt, kann man drei Tage lang durcharbeiten. Man ist unglaublich fokussiert, als hätte man Scheuklappen auf.“ Deshalb nähmen nicht nur Menschen von der Straße, sondern auch die Mittelschicht, Bänker und Politiker Meth.
„Narcoland“ ist der erste sogenannte Storytelling-Podcast von Aachener Zeitung und Aachener Nachrichten. Dabei begibt sich eine Person auf eine Recherche und macht diese Recherche zur Geschichte. „Das Mikrofon hatte ich immer dabei“, sagt Gutsfeld. Ziel sei es, wie in einer guten Serie die Leute mitzunehmen und sie durch Cliffhanger bei der Stange zu halten – und am Ende der Recherche woanders zu landen als am Anfang. Auch Gutsfeld habe sich durch seine Recherche verändert, wie der 31-Jährige anhand eines Beispiels erklärt: „Wenn ich jetzt durch die Provinz fahre und eine Scheune sehe, frage ich mich automatisch, ob dort ein Methlabor stehen könnte.“?\ (Annika Kasties)
Wöchentlich erscheint ab 27. Februar auf Spotify eine neue Folge. Den Link gibt es hier.
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