Im Januar soll dazu eine Liste mit Vorschlägen ins Netz gestellt werden. Das Theater Aachen ist empört: Auch die Schauspielsparte soll als Streichposten auf der Liste stehen.
Mit hochgestellten Kragen hetzen die Mitglieder von CDU und Grünen am 8. Dezember kurz vor 17 Uhr die Rathaustreppe hoch in den Ratssaal. Bloß nicht aufhalten lassen, das Schneegestöber bietet eine gute Ausrede. Intendant Michael Schmitz-Aufterbeck, rund 30 Ensemble-Mitglieder, Regisseure, Dramaturgen, Praktikanten und Presseleute des Theater Aachen zeigen ihre Verärgerung. Sie demonstrieren gegen die geplante Bürgerbefragung, die ihre Arbeit zur Disposition stellt. Und gegen die Vorgehensweise der Stadt, das Theater nicht persönlich über das Vorhaben informiert zu haben. Schmitz-Aufterbeck ist empört: „Aus der Tagespresse haben wir erfahren, dass unsere Schauspielsparte auf der potenziellen Streichliste steht.“ Die Schauspieler haben Flugzetteln mit ihren Porträts den Zusatz „Ich muss weg“ verpasst und verteilen sie an die Ratsmitglieder.
Essen dient als Vorbild
Die Idee, Bürger zu ihren Sparvorschlägen zu befragen, nahm offenbar schon Mitte des Jahres Gestalt an. Harald Baal, CDU-Fraktionschef: „Wir haben in Essen und Solingen gesehen, dass solche Bürgerbeteiligungen guten Zuspruch gefunden haben und wollen das nun einfach mal ausprobieren.“
Bis Mitte Januar legen die Ratsleute die zur Debatte stehenden Punkte fest, im Februar sollen die Bürger dann auf www.aachen.de abstimmen können. Um sich eine Meinung bilden zu können, beispielsweise über die Einführung einer Bettensteuer, die Erhöhung von Parkgebühren oder eben die Abschaffung des Schauspiels, sollen alle Vorschläge mit kurzen Infotexten versehen werden. Das Ergebnis solle informativen Charakter haben, so Baal: „Wir wollen aus den Vorschlägen keinen Automatismus generieren und das eins zu eins umsetzen, die Entscheidungskompetenz muss bei uns bleiben.“
Schmitz-Aufterbeck zweifelt an der Aussagefähigkeit dieses Verfahrens: „Ich weiß nicht, welche Zahlen die Bürger als Entscheidungsgrundlage bekommen sollen.“
Ein totaler Vertrauensbruch
Für die offensichtlichste Folge der Theatereinsparung braucht man jedenfalls keinen Infotext: Es würde automatisch zum Stellenabbau kommen. Und das, obschon noch letztes Jahr betriebsbedingte Kündigungen völlig ausgeschlossen wurden. „Für uns ist das ein totaler Vertrauensbruch“, sagt der Intendant, „bisher lief die Zusammenarbeit mit der Stadt wirklich gut, aber das macht mich echt traurig.“
Dass das Ergebnis der Befragung für das Theater auch durchaus positiv ausgehen könnte, macht die Vorgehensweise für Schmitz-Aufterbeck nicht besser: „ Man kann nicht Kunstrasenplätze und arbeitende Menschen in einem Atemzug zur Disposition stellen. Und wenn man anfängt, Schauspiel gegen Sozialleistungen auszuspielen, dann verlieren wir natürlich.
Text: Barbara Taxhet
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