Von Sebastian Dreher
Jugendliche gelten in der Regel als schwierig, wenn es um die Vermittlung von Kultur geht – gerade wenn es sich um Kultur handelt, die nicht mit einem Mausklick der Internetgemeinde zur Verfügung gestellt werden kann. Einen Gegenbeweis tritt – mittlerweile zum 13. Mal – der Euregio-Schüler-Literaturpreis (ESLP) an, ein grenzüberschreitendes Projekt, bei dem je zwei aktuelle Romane aus den drei Sprachräumen Belgien, Deutschland und Niederlande ins Rennen gehen.
Die Werke werden von einer Jury bewertet, die sich aus belgischen, deutschen und niederländischen Schülern zusammensetzt. Bei der literarischen Unternehmung beteiligen sich in diesem Jahr wieder rund 400 Jugendliche – Tendenz steigend.
„Die Schüler lesen zum einen die Bücher, treten zum anderen aber auch mit den Autoren in Kontakt, diskutieren und bilden sich so eine Meinung“, erklärt Susanne Ladwein vom Zweckverband Region Aachen, seit Beginn einer der Förderer des Projekts. „Sie lernen zu argumentieren, Kritik zu formulieren und diese öffentlich vorzutragen.“
Darüber hinaus komme es zu einer Begegnung zwischen Schülern der einzelnen Länder – was trotz der unmittelbaren Grenzlage immer noch eine Seltenheit sei. Zu Beginn einer jeden Literaturpreis-Runde bekommen die teilnehmenden Schüler die sechs Romane zu lesen.
Es ist der jeweiligen Schule überlassen, ob die Beschäftigung mit dem Stoff in die Unterrichtszeit fällt oder ob sich die Jugendlichen in ihrer freien Zeit über ihre Eindrücke austauschen und schon Meinungen bilden. Der weitere Ablauf hält neben Lese- und Diskussionsabenden mit jeweils zwei der nominierten Autoren auch die so genannten Kritikerrunden bereit.
„Das Konzept ist grandios“, sagt Tom Reissen, Deutsch- und Sportlehrer sowie Kulturkoordinator an der Gesamtschule Brand, die sich auch in diesem Jahr wieder an dem Projekt beteiligt. „Wo sonst kommen Schüler über die Literatur zusammen? Und wo sonst treffen sie Jugendliche aus den Nachbarländern Belgien und den Niederlanden und lernen deren Schulen kennen?“
Besonders interessant findet Reissen, wie unterschiedlich die Schüler auf die jeweiligen Bücher reagieren, welche Vorlieben sie haben und was sie ablehnen. „Ich erinnere mich an tolle Bücher, etwa ‘Gut gegen Nordwind’ von Daniel Glattauer, aber auch ‘Eldorado’ von Laurent Gaudé.“
Hauptverantwortlich für die Auswahl der ESLP-Literatur ist Sylvie Schenk. Die gebürtige Französin ist selbst Schriftstellerin und wurde unter anderem 2008 mit dem Hasenclever-Förderpreis der Stadt Aachen ausgezeichnet. „Es ist nicht immer leicht, geeignete Romane zu finden, die auch in den drei Sprachen vorliegen“, sagt Schenk.
Denn das ist Voraussetzung für die Teilnahme an dem mit 5.000 Euro dotierten Preis. Folgerichtig werden auch die jeweiligen Übersetzer oder Übersetzerinnen mit 1.000 Euro belohnt. „Ich versuche, Bücher auszusuchen, die Jugendliche ansprechen – die größte Rolle bei der Auswahl spielt allerdings die literarische Qualität“, so Schenk.
Doch es kommen nicht alle Genres in den Kanon: die Französin vermeidet Science Fiction- und Thriller-Romane. Der Liebesroman hingegen scheint ihr zu liegen: „Ich freue mich, in diesem Jahr zwei Liebesromane dabei zu haben: von Daniela Krien und David Foenkinos.“ \
12.2.
Lesung und Diskussion mit David Foenkinos und Alain Claude Sulzer
18 Uhr, Space im Ludwig Forum
euregio-lit.eu
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