Der Autor des Stücks „Mißglückte Vorstellung“, der Russe Daniil Charms (1905-1942), thematisiert in seinen kleinen, paradox-humorvoll gebrochenen Alltagsepisoden die Sinnlosigkeit des Terrors und die Ausweglosigkeit menschlicher Schicksale. Diese greift das Puppentheater auf, haucht ihnen Leben ein und verknüpft sie mit aktuellen Situationen. Passend, denn Charms war Initiator einer avantgardistischen Vereinigung der realen Kunst namens Oberiu, die sich gegen die russische Literaturtradition auflehnte. Hierfür wurde er 1931 von der stalinistischen Regierung das erste Mal verhaftet. Nach seiner zweiten Verhaftung 1941 erleidet Charms 1942 in einem Gefängniskrankenhaus den Hungertod. Er wird heute als einer der Vorreiter des Absurden Theaters gesehen. Und absurd, aber nicht minder unterhaltsam ging es auch in der kleinen Theaterfabrik zu, die sonst vor allem Puppenspiele für Kinder zeigt. Am Strüverweg bringen Tatjana Jurakowa und Waldemar Faber 17 Szenen und Dialoge von Daniil Charms in Form einer Collage auf die Bühne, die mit russischem Zeitungspapier beklebt ist: ein Tisch, Paravents, die Rückwand und der Boden. Mit kunstvoll gefertigten Marionetten und Handpuppen erzählen die beiden Schauspieler witzige, tragische und teils absurde Schwänke aus dem Alltag verschiedener Menschen und Tiere. Da gibt es zwei Menschen mit Gasmasken, ein Rotschopf, den es eigentlich nicht gibt, eine Krähe mit fünf Beinen, ein Opa mit fünf Beulen, ein schmachtender Vodka-Trinker und ein uneinsichtiger Häftling. Zu ihnen gesellen sich noch ein nackter Frosch, ein Fuchs, ein Kleinkind, ein Fisch, ein Veteran im Rollstuhl, eine Blondine im roten Kleid, ein Schwerenöter … Die Liste ist lang, jeder findet seinen Favoriten. In unserem Fall der mimikreiche Vodka-Trinker, der sich, bevor er ansetzte, erstmal der, „Abwesenheit jeglicher Anwesenheit“ vergewissert. Die überraschenden Wendungen zum Schluss der jeweiligen Episoden sind oft albern, ohne kausalen Zusammenhang und da ist es, das absurde Theater. Manche Geschichten wirken slapstickhaft und erinnern an die Komik in Stummfilmen. Die 40 Minuten vergehen wie im Flug, ein unterhaltsamer Abend mit verdientem Applaus für die beiden Puppenspieler! Im März gibt es einen russischen Abend zusammen mit dem Theater K: „Aufzeichnungen eines Wahnsinnigen“ von Gogol und „Missglückte Vorstellung“ nach Charms. Zwischen beiden Vorstellungen gibt es Borschtsch-Suppe. red 11.+12.3. „Aufzeichnungen eines Wahnsinnigen“ + „Missglückte Vorstellung“ 17 Uhr, Tuchwerk Aachen www.jurakowaprojekt.de www.theater-k.de
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