Jetzt darf wirklich herzlich gelacht werden. Über das Verwirrspiel, wer jetzt nachts mit wem was hatte – oder auch nicht. Über das Verwirrspiel, wer wer ist und wer ich bin und gewesen zu sein glaube. Über Hawaii-Hemden und Adonis-Posen, über Hüftschwünge zu sexy Musik und über den weiblichen Hang zur ausgeprägten Dramatik, der in Tränen endet. Ja, diese Inszenierung von Elena Finkel ist wahrlich lustig. Aber sie ist noch mehr. Sie hat Substanz und vor allem gute Darsteller. Das Doppelgänger-Lustspiel von Heinrich von Kleist bei dem Jupiter (Tim Knapper), in der Gestalt des Amphitryon (Torsten Borm), dessen Frau Alkmene (Stefanie Rösner) verführt und dadurch auch noch Amphitryons Diener Sosias (Tonio Schneider) und dessen Gemahlin (Marion Bordat) mit Hilfe seines Gehilfen Merkur (Ognjen Koldzic) mit in die Verwirrung zieht. Herrlich komische Gesichtskirmes zeichnet sich bei Sosias ab, als er als erster dem Götterspiel zum Opfer fällt. Wunderbar gut inszeniert, wenn die beiden Sosiasse aufeinandertreffen und ein Schattenspiel beginnt. Steffi Rösner mit Dolly Parton-Frisur in blauem Abendkleid mausert sich vom schuldgeplagten Mäuschen zur selbstbewussten Frau. Zum Stück gehört auch noch jede Menge Slapstick, wenn sich alle über die Bühne im Mörgens jagen, Türen knallen und Nasen bluten. Und eine Reihe von Songs sorgt dafür, dass auch das Publikum in die jeweilige Götterstimmung versetzt wird. Und wenn man denkt, mehr Wirrwarr geht nicht, überlegt sich Obergott Jupiter, die süße Alkmene nochmal zu besuchen. Auch aus Ego-Gründen. Das Ego sollte generell in diesem Verwirrspiel nicht unterschätzt werden. Und hadert da noch eine kurzblondhaarige Charis mit ihrem Schicksal (wunderbar Marion Bordat mit tiefer Stimme und mieser Meinung über Sosias), ist Sosias sicher, dass Spitzbuben ein Unheil mit ihnen treiben. Alles eingebettet in ein Bühnenbild, dass einem Götterschauplatz, mit Wandbild, Gold, Prunk und Mosaikboden, würdig würde. Dennoch hat Finkels Inszenierung nicht vergessen, dass Kleists Version des Götterchaos zwar mehr Verwechslungskomödie als Tragödie ist, er die Identitätsbildung aber als zentralen Punkt gesehen hat. So ist es auch hier. Bei allem Witz ist die entscheidende Frage eben doch: Wer bin ich, wenn du ich bist? \kw 1., 12.+18.2. „Amphytrion“ 20 Uhr, Kammer, Theater Aachen www.theateraachen.de
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