Mozart: vulgär, geltungssüchtig und von dreister Unverfrorenheit. Mit diesen Attributen würden heutige Klassik-Fans ihren großen Helden, das Wunderkind Wolfgang Amadeus Mozart, kaum schmücken. Derlei durchtriebenes Gedankengut kann eigentlich nur den Gehirnwindungen bösartiger Neider entstammen. Einem Neider wie Antonio Salieri zum Beispiel. Salieri war vormals unangefochtener Komponist zu Hofe. Bis dieser junge Flegel Mozart mit seinen lächerlichen Strähnchen im Haar die Gunst der feinen Gesellschaft abzuwerben beginnt. Nicht nur, dass Salieri von nun an einen Konkurrenten in der Stadt hat, der zugegebenermaßen einiges auf dem Kasten hat.
Durch die Genialität Mozarts wird Salieri sein eigenes Mittelmaß bewusst – vielleicht ist das auch heute noch einer der Gründe, warum niemand so wirklich Wunderkinder mögen will.
Sir Peter Shaffers „Amadeus“ wurde bereits vor 20 Jahren vom Das Da Theater aufgeführt, und auch heute fühlt man sich noch von dem Stück hin- und hergerissen. Muss man mit Mozart ob seiner jugendlichen Naivität sympathisieren, oder zeigt man angesichts der entnervenden aber damit gleichzeitig auch irgendwie sehr gelungenen Verkörperung durch Philipp Scholz tatsächlich Verständnis für Salieri? Mitleid empfindet man bestimmt, wenn dieser als alter Mann, hervorragend gespielt von Jens Eisenbeiser, die Schuld am Tode Mozarts bei sich zu finden glaubt, und über sein eigenes Wirken urteilt: „Ich musste am Leben bleiben, um mit anzusehen, wie ich verschwand“.
So subjektiv man für sich selbst die Sympathien verteilen mag, so zwiespältig schwankt auch das Stück selbst zwischen Komödie und menschlichem Drama – was nicht zwangsläufig heißt, dass zwischen allen Extremen das Mittelmaß läge. Wie gut, dass Salieri trotzdem vorsorglich mit seinen letzten Worten der Mittelmäßigkeit die Absolution erteilt.
Text: Thomas Glörfeld
Foto: Lothar Wels
3., 5., 6., 10., 11., 12., 13. und 29.3.
„Amadeus“
20 Uhr, Das Da Theater
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