Hilfe, die Hartmanns! In den 80-er Jahren gab es eine Kinderbuchreihe. „Hilfe, die Herdmanns kommen“. Dort „überfielen“ die sechs Herdmanns – die schlimmsten Kinder im Block – einen ganzen Ort und zeigten den anderen Bewohnern, trotz ihrer unkonventionellen Lebensart, die wahre Bedeutung von Nächstenliebe. Und der Gedanke kam auch bei „Willkommen bei den Hartmanns“ auf.
Eine Familie, mit unterschiedlichen Charakteren, von denen jeder ein anderes riesiges Päckchen zu tragen hat, die alle untereinander irgendwelche Irrungen und Wirrungen haben, Lebensaufgaben suchen, vor ihnen fliehen, in einer Sache erfolgreich sind und in der nächsten absolut aufgeschmissen: Diese Mischpoke schafft es letztendlich ihre und vielleicht auch die ganze Welt ein kleines bisschen besser zu machen. Die Vorlage zum Stück ist eine äußerst erfolgreiche Kinokomödie aus dem Jahre 2016 zur damaligen deutschen Flüchtlingskrise.
Dieses Stück mit Krawall, Tiefgang und Leichtigkeit hat Hirtz in seiner Inszenierung weitergedreht und an die aktuelle Flüchtlingssituation angepasst. Ist der Umgang mit weißen und schwarzen Asylsuchenden vielleicht ein anderer? Wie weit wird eine Familie gehen, um einen Flüchtling zu unterstützen. „Willkommen bei den Hartmanns“ liefert amüsante Antworten auf ernsten Fragen. Im Mittelpunkt steht Mutter Angelika. Ihrer Familie scheint der Untergang zu drohen, als die pensionierte Schuldirektorin beschließt, einen Flüchtling in ihre Vorortvilla aufzunehmen. Weder Ehemann Richard – mittendrin in der Midlifecrisis und knapp vor der ersten Botox-Injektion – noch die beiden Kinder Sofie – Dauerstudentin und Papas Sorgenkind – und Philipp – beruflich erfolgreich, privat knapp vor Klapse – sind damit einverstanden, dass ein politisches Problem derart konkret ins Private einzieht. Aber, was Mama will, wird gemacht und so zieht Diallo in der schicken Villa ein.
Alle Darsteller (Deryl Kenfack, Angela H. Fischer, Andreas Strigl, Tobias Steffen, Sarah Gadinger, Lara Henneberger und Kristof Ertl) sorgen in den zwei Stunden Spielzeit für eine rasante Tour durch ernste Fragen und teils nicht politisch korrekten Aussagen. Das Publikum dankt es mit angehaltenem Atem und befreitem Lachen. Das Bühnenbild ist passend zum rasanten Stoff modular und kann sich der Gegebenheit anpassen. Wie schon in „Wir sind die Neuen“ sitzt sich das Publikum in zwei Gruppen gegenüber, die Bühne in der Mitte. Das gibt sowohl einen guten Blick auf die Darsteller, als auch in die Gesichter der anderen Zuschauer, wenn man sich beispielsweise gerade fragt, ob man über den Witz überhaupt hätte lachen dürfen … Insgesamt kann man sagen, dass das Premierenpublikum aus dem Lachen selten heraus und die Darsteller selten zum Luftholen kamen. Die Inszenierung war dadurch an mancher Stelle schneller als man es sich bei den doch tiefgründigen Themen gewünscht hätte, was allerdings der Filmvorlage mit ihren tausenden schnellen Schnitt-Optionen geschuldet sein könnte.
Wie dem auch sei, das Publikum war begeistert, auf der anschließenden Premierenfeier wurde noch über den ein oder anderen Sachverhalt gelacht, aber auch diskutiert. Und so soll es doch schließlich sein! Die Vorstellungen im April sind bereits ausverkauft. Zusatztermine gibt es im September. /Kira Wirtz
DasDa Theater Liebigstraße 9, 52070 Aachen www.dasda.de
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