Das Böse wohnt im US-amerikanischen Hinterland – genauer gesagt in einem kleinen Dorf namens Gilead in New Jersey. Von der dort lebenden christlich-fundamentalistischen Sekte sind es nur 50 Meilen bis Manhattan. Zwischen diesen beiden Polen – der „sündigen“ Großstadt und dem bibeltreuen Landvölkchen – stolpert Jeremy Freirs, ein mit seinem Leben etwas unzufriedener 30-jähriger College-Dozent, ins weitere Geschehen hinein. Ein Aushang an der Uni bietet ihm die Möglichkeit, in abgeschiedener Natur und Stille endlich seine Doktorarbeit über die literarischen Meisterwerke des Horrors anzugehen – ein geschickter Schachzug des Autoren T.E.D. Klein. Denn diese Klassiker (H.P. Lovecraft, Gregory Lewis’ „Der Mönch“ u.a.) geben seiner Geschichte eine extra düstere Grundierung. Das jahrhundertealte Böse in Gestalt eines älteren Mannes sorgt kurz vor seiner Abreise für Freirs Bekanntschaft mit einer jungen ehemaligen Novizin, die aushilfsweise in einer New Yorker Bibliothek arbeitet. Das Interesse der beiden jungen Menschen aneinander scheint in dem bösen Plan des Alten aufzugehen.
Doch der Roman zeigt seine größten Stärken nicht in der düsteren Entwicklung der horrorhaften Ereignisse, die in dem Dörfchen die ganze Natur verrückt und gewaltsam aufbrausen lassen, sondern in den negativen Kräften der Besessenheit, des patriarchalischen Glaubens, der verdrängten Sexualität. Diese kulminieren in der Schilderung von Frears Wochen als Gast auf dem kleinen Bauernhof des Ehepaars Sarr und Deborah Soroth. Das Ehepaar hat sein Land gerade gekauft, die erste Ernte ist mit der helfenden Dorfgemeinschaft ausgesät, aber sie sind verschuldet und benötigen dringend die Mietzahlungen ihres Gastes. Sarr ist ein strenggläubiger Fundamentalist, Deborah - ihm zwar als Frau zugetan – hat oft liberalere Ansichten als ihr Mann und wird von Gefühlen und Sehnsüchten in zwiespältige Situationen gedrängt.
„The Ceremonies“ ist ein klassischer Horrorroman, der sich den Midsummer und den Kult um das Opfer einer weiblichen Jungfrau als thematische Vorlage nimmt.
T.E.D. Klein ist Begründer des US-amerikanischen „Twilight Zone“-Magazins, welches sich den Genres Horror und Science Fiction verschrieben hat. Neben Essays, Drehbüchern und Kurzgeschichten hat er nur diesen einen Roman veröffentlicht. Er erschien 1984 und wurde jetzt in einer leicht überarbeiteten Fassung und mit einem Vorwort des Autors neu veröffentlicht. rm
T.E.D. Klein
„The Ceremonies“ (1984)
Piper Verlag
528 Seiten
24 Euro
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