Von Sebastian Dreher
Wenn man Ernst Schmachtenberg nach seiner Vision für das Aachen von 2050 fragt, hat der RWTH-Rektor sehr klare Vorstellungen. „Wir werden in einer Wissensgesellschaft leben. Wir werden die Grenzen des Wachstums mit den Mitteln der Forschung und der nachhaltigen Technologie lösen.“ Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die Chancen genutzt und die Anforderungen für solch eine Wissensgesellschaft geschaffen werden. „Die Hochschulen – und damit meine ich nicht nur die RWTH – sind die Antriebskräfte für solch eine Entwicklung.“
Und darum kann Schmachtenberg die starke Verknüpfung von Stadt und Campus nachvollziehen, die der Masterplan Aachen 2030 beschreibt. Denn in Aachen bedeutet Stadtentwicklung immer auch Hochschulentwicklung.
„Aachen ist kein Standort großer Produktionen, beispielsweise der Automobilfertigung“, sagt Schmachtenberg. „Forschung und Entwicklung neuester Technologien, das ist die Zukunft, auf die Aachen bauen kann.“ Und das auch über das Jahr 2015 hinaus, in dem nach städtischer Meinung die Entwicklung der Studentenzahl wegen des Abebbens des Doppelten Abiturjahrgangs erstmals wieder rückläufig sein soll. „Wir sind davon überzeugt, dass wir die freiwerdenden Plätze an Studenten aus dem Ausland vergeben können“, meint Schmachtenberg. Ein gutes Beispiel für eine international aufgestellte Hochschule sieht er in der Uni Maastricht.
Verkehrserschließung
Der Masterplan deklariert als ein wesentliches Ziel die verkehrliche Erschließung und die Integration der universitären Infrastruktur in den Stadtkörper. Vorrangig wäre da momentan die Campusbahn zu nennen, über deren Zukunft am 10. März entschieden wird. Diese war in ihrer Keimzelle „nur“ als Verbindung der neuen Campusflächen mit dem innerstädtischen Universitätsbereich gedacht. Entlang dieser Achse vollziehen nicht wenige Studenten ihre wissenschaftliche Karriere. „Im Zentrum wird vor allem das Grundstudium absolviert“, sagt Schmachtenberg. „Später gehen viele in die Institute auf den äußeren Campusflächen.“ An einer Alternative zum Busverkehr komme man nicht vorbei, denn dieser werde bald an seine Grenzen stoßen.
Als Aufgabe im Masterplan aufgeführt ist auch das sogenannte „Innenstadtkonzept“. Dazu gehören beispielsweise Hörsaalbauten – etwa an der Claßenstraße –, aber auch der „Shared Space“, die verkehrsberuhigte Zone, die aktuell vor dem Hauptgebäude entsteht. „Dadurch soll vor allem für Erstsemester und neue Mitarbeiter ein ,Platz zum Ankommen‘ entstehen“, erklärt der RWTH-Rektor.
Absolventen an Aachen binden
Bei der Erschließung des Campus’ soll darauf geachtet werden, dass nicht nur Universitätsgebäude entstehen. Man muss genauso für ansprechenden Wohnraum, Kultur-, Sport- und Freizeitangebote sowie Möglichkeiten der Kinderbetreuung sorgen. Zusammen mit dem infrastrukturellen Ausbau sei diese „lebendige Form von ,Nutzungsdurchmischung‘“ der geeignete Weg, die positive Entwicklung von Stadt und Uni voranzutreiben und Hochschulabgänger dauerhaft an die Stadt zu binden – nicht zuletzt, wenn diese ihr eigenes, am RWTH-Campus angesiedeltes Unternehmen gründen.
Insgesamt sei man bei dem Plan, Firmen auf das Uni-Areal zu locken, noch „etwas hinterher“, wie Schmachtenberg zugibt. Momentan gebe es mehr Hochschulbauten als solche externer Unternehmen, man sei trotz dieser Verlagerung aber noch „im Plan“. Der Masterplan beschreibt, dass langfristig 5.000 hochqualifizierte Arbeitsplätze an den Campus-Standorten und weitere 5.000 bei Dienstleistern und Zulieferern entstehen sollen. Sollte sich das bewahrheiten, würde die Uni ihre Rolle als größter regionaler Arbeitgeber weiter ausbauen.
Und wegen der Verquickung von Stadt- und Hochschulentwicklung profitiert die Region Aachen immer mit und kann ihre Rolle als Technologie-Metropole ausbauen. Das bekommt auch das Ausland mit. „Im internationalen Vergleich stehen wir gut da“, räumt Schmachtenberg ein, ohne ins Detail zu gehen. „Wir wollen uns ja nicht zuviel selbst loben. Aber der Dampfer läuft ziemlich gut.“ ///
Foto: Peter Winandy
WEITEREMPFEHLEN